
In Deutschland wird der Schulbesuch oft als Goldstandard für die Integration geflüchteter Kinder betrachtet. Aktuelle Forschungsarbeiten, insbesondere eine Studie von Prof. Dr. Céline Teney von der Freien Universität Berlin, beleuchten die Herausforderungen, mit denen ukrainische Eltern während und nach der russischen Invasion konfrontiert sind. Diese Studie, veröffentlicht im Fachmagazin „Population, Place & Space“, wurde eingehend zwischen 2022 und 2024 durchgeführt und ergab, dass die Wahl zwischen Präsenzunterricht und muttersprachlichem Onlineunterricht entscheidend für die Integration dieser Kinder ist. Während der ersten Interviews im Jahr 2022 glaubten viele Eltern, die Krise würde bald enden, was die Entscheidung für eine doppelte Beschulung begünstigte. Diese Entscheidung verlief jedoch im Zeitverlauf stark abnehmend, da in den Jahren 2023 und 2024 viele Eltern auf Bildung im Zielland setzten.fu-berlin.de berichtet, dass schätzungsweise ein Drittel der befragten Eltern zwischen den Interviewrunden in die Ukraine zurückkehrte.
Die Studie identifiziert auch ein Phänomen der „transnationalen Chancenstruktur“, das durch Digitalisierung ermöglicht wird. Dies gestattet geflüchteten Familien, ihre Lebensqualität weitgehend außerhalb nationalstaatlicher Grenzen zu gestalten. Allerdings sind diese Familien mit erheblichen Sorgen konfrontiert, insbesondere über Sprachbarrieren und den Lernerfolg ihrer Kinder. Eine 17-jährige Schülerin aus Mariupol äußert ernsthafte Bedenken bezüglich ihrer Noten und Zukunftschancen. Diese Bedenken werden von vielen Eltern geteilt, die sich fragen, wie sich ihre Kinder langfristig in Deutschland integrieren können, wenn diese nicht idiomatisch in ihrer Muttersprache sprechen können. Die Skepsis gegenüber Willkommensklassen, die auf Regelklassen vorbereiten, wächst, da viele Familien eine Rückkehr in die Ukraine in Erwägung ziehen.
Herausforderungen im deutschen Schulsystem
Die Inklusion von geflüchteten und neuzugewanderten Kindern im deutschen Bildungssystem erweist sich als problematisch. Ein Bericht der bpb.de hebt hervor, dass die schulischen Zugangsmöglichkeiten stark vom Status als Asylsuchende abhängen, wodurch Wartezeiten von bis zu sechs Monaten entstehen können. In einigen Bundesländern beginnt die Schulpflicht erst mit dem Asylantrag, was bedeutet, dass geflüchtete Kinder oft in Flüchtlingsunterkünften unterrichtet werden und nicht die gleiche Bildungschancen genießen wie einheimische Schüler. Die Trennung in Regel- und Vorbereitungsklassen trägt zur Diskriminierung bei und erschwert den Schulstart für viele.
Lehrkräfte stehen vor der Herausforderung, die Resilienz junger Geflüchteter als Ressource für ihre Alltagsbewältigung zu erkennen, während gleichzeitig diskriminierende Bedingungen Exklusion fördern. Die derzeitige, oft defizitorientierte Sichtweise der geflüchteten Schüler und die Fokussierung auf potenzielle Traumatisierungen schränken die Wahrnehmung dieser Kinder als aktive und kompetente Lernende ein. Förderansätze wie Translanguaging könnten zur Inklusion beitragen, indem sie die Mehrsprachigkeit dieser Schüler anerkennen berichten die Expert*innen der bpb.
Die Perspektive der Bildungsexperten
Andreas Schleicher, Bildungsdirektor der OECD und Entwickler des PISA-Tests, hat die situationale Chancengleichheit in der deutschen Bildung als problematisch angeprangert. Als Entwickler des PISA-Tests, der alle drei Jahre durchgeführt wird, hat er festgestellt, dass rund jeder fünfte 15-Jährige in Deutschland nicht einmal Grundschulniveau in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften erreichtswr.de. Dies deutet auf die grundlegenden Herausforderungen hin, die das deutsche Schulsystem bewältigen muss, um die Bildungsziele zu erreichen und die Inklusion von geflüchteten Schüler*innen zu fördern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Integration geflüchteter Kinder in das deutsche Bildungssystem von zahlreichen Faktoren abhängt, darunter Schulmodelle, Sprachförderung und elterliche Unterstützung. Eine umfassende Neugestaltung der Bildungsansätze könnte dazu beitragen, nicht nur die spezifischen Bedürfnisse geflüchteter Schüler*innen besser zu berücksichtigen, sondern auch echte Inklusion zu ermöglichen.