
Die motorische Fitness von Kindern in Brandenburg hat in den letzten Jahren erhebliche Einbußen erlitten. Laut den aktuellen Daten des EMOTIKON-Projekts, auf die Seniorprofessor Reinhold Kliegl von der Universität Potsdam Zugang hat, zeigt sich, dass Acht- bis neunjährige Kinder im Jahr 2024 beim Sechs-Minuten-Lauf signifikant langsamer waren als ihre Altersgenossen im Jahr 2011. Dies ist alarmierend, insbesondere weil bereits 2006 die Sportministerkonferenz die Notwendigkeit zur Verbesserung der motorischen Fitness von Kindern betonte und 2010 die Kultusministerkonferenz politisch aktiv wurde, um auf Basis verlässlicher Daten Entscheidungen zu treffen. Gerade zwischen den Jahren 2020 und 2024 sind durch die COVID-19-Pandemie deutliche Bewegungseinbrüche zu beobachten.
Das EMOTIKON-Projekt wurde 2009 ins Leben gerufen und hat mittlerweile fast 280.000 Schülerinnen und Schüler aus Brandenburg getestet. Die Studie erfasst die motorische Fitness der Kinder ohne Notendruck, indem alle Drittklässler in Brandenburg sechs verschiedene Aufgaben im Sportunterricht absolvieren. Erwerb von „Fitnesspässen“ ermöglicht den Kindern eine Bewertung ihrer Leistungen, während außerordentliche Ergebnisse mit einem „Talentpass“ honoriert werden, der zu Einladungen zu jährlich 30 Talentiaden führt, die vom Landessportbund organisiert werden. Diese Talentiaden haben sich als Plattform etabliert, um begabte Kinder zu fördern.
Frühwarnsystem für Bewegung
EMOTIKON fungiert nicht nur als Testreihe, sondern als ein Frühwarnsystem, welches Handlungsbedarf in der motorischen Fitness von Kindern identifizieren soll. Eine besondere Besorgnis weckt die Erkenntnis, dass die Ausdauerleistungen vor allem in Schulen mit vielen Kindern aus sozial schwachen Familien stark variieren. Die Lehrkräfte stehen vor der Herausforderung, den Entwicklungsstand ihrer Schülerinnen und Schüler genau zu erkennen. Christoph Schneegass, ein Sportlehrer, berichtet von der Motivation der Kinder während der Tests, beschreibt aber auch, dass zahlreiche Kinder mit Bewegungsproblemen kämpfen.
Um dem anhaltenden Rückgang der motorischen Fitness entgegenzuwirken, wird ein umfassendes Sportförderkonzept gefordert, das eine „bewegte“ Zukunft für alle Kinder sicherstellt. Diese Herausforderungen sind nicht isoliert; auch die Ergebnisse der Motorik-Modul-Studie (MoMo) belegen, dass die COVID-19-Pandemie signifikante Auswirkungen auf die Sportaktivitäten von Kindern hatte. Die Studie zeigt einen deutlichen Rückgang sportlicher Aktivitäten sowie eine alarmierende Zunahme der Bildschirmnutzung, die von 130,9 Minuten täglich vor der Pandemie auf über 227 Minuten in der zweiten Welle anstieg. Experten warnen, dass diese Entwicklung langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit und sozialen Fähigkeiten der Kinder haben könnte, was zu einer „verlorenen Generation“ führen könnte.
Notwendigkeit gesellschaftlicher Kooperation
Die Forschung hebt hervor, dass die Motivation zur Bewegung bei Kindern bis zur Pubertät oft nicht konstant bleibt. Daher ist eine konzertierte Aktion von Eltern, Lehrkräften, Schulen, Ministerien, Sportvereinen und Wissenschaftlern entscheidend. Nur durch die gleichzeitige Unterstützung aller beteiligten Akteure kann eine nachhaltige Verbesserung der motorischen Fitness erreicht werden. Die Forschung bekräftigt die Notwendigkeit, den Kindern ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Bildung und sportlichen Aktivitäten zu bieten, um die psychische und physische Gesundheit zu fördern und sie in ihrer gesamten Entwicklung zu unterstützen.
Insgesamt hat sich das EMOTIKON-Konzept auch über die Landesgrenzen Brandenburgs hinaus einen Namen gemacht. Es demonstriert, wie wichtig die Integration von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Praxis ist, um die motorische Fitness der nächsten Generation nachhaltig zu sichern und den Übergang zurück zu einer aktiven Lebensweise nach den Einschränkungen der Pandemie zu fördern.