
Am 30. April 2025 wurde ein bedeutendes Forschungsergebnis vorgestellt, das die tödlichen Fluchten von DDR-Bürger*innen über die Ostsee zwischen 1961 und 1989 dokumentiert. Ein Team unter der Leitung von Prof. Dr. Hubertus Buchstein von der Universität Greifswald hat die Biografien und Schicksale von 135 dokumentierten Todesfällen im Zuge von Fluchtversuchen untersucht. Die Publikation trägt den Titel „Tödliche Ostseefluchten aus der DDR 1961 – 1989. Ein biografisches Handbuch“ und beleuchtet die tragischen Hintergründe dieser Fluchtversuche.
Die meisten tödlichen Fluchtversuche ereigneten sich in den ersten beiden Jahren nach dem Mauerbau, insbesondere 1961 und 1962. Unter den Opfern befanden sich vor allem Jugendliche und junge Männer im Alter von 16 bis 30 Jahren, während Frauen nur etwa zehn Prozent der Opfer ausmachten. Merete Peetz, eine wissenschaftliche Mitarbeiterin des Projekts, hebt die Bedeutung der Resonanz von Angehörigen und Freunden für die Forschung hervor und betont, dass die Biografien der Opfer den Blick des Forschungsteams auf die Ostsee grundlegend verändert haben.
Forschungsprojekthintergrund
Das Projekt ist ein Teil der bundesweiten Initiative zur Untersuchung von Todesfällen an der DDR-Grenze, die von 2018 bis 2023 an der Universität Greifswald durchgeführt wurde. Während dieser Zeit wurden 657 Todesfälle an der Ostseeküste detailliert überprüft. Von diesen Fällen sind 135 mit hoher Sicherheit als Fluchtversuche identifiziert worden; bei über 100 weiteren gibt es starke Anhaltspunkte für einen solchen Hintergrund. Das Projekt stand Anfang 2023 vor der Schließung aufgrund auslaufender Bundesmittel, doch die Landesregierung sicherte die Fortführung mit 100.000 Euro.
Das Buch wurde von der Landeszentrale für politische Bildung herausgegeben und ist im Online-Shop erhältlich. Es enthalten persönliche Schicksale und Biografien der Betroffenen, die das Ausmaß der Tragödien verdeutlichen. Der Preis für den Band liegt bei 25 Euro und macht die wichtigen Informationen für die Öffentlichkeit zugänglich.
Öffentliche Ankündigungen
Ein Festvortrag des Forschungsteams findet am 15. Mai 2025 um 16:00 Uhr im Hörsaal 2 am Ernst-Lohmeyer-Platz 6 in Greifswald statt. Staatssekretärin Susanne Bowen beschreibt die Fluchtbewegungen als Ausdruck des Freiheitswillens und kritisiert die rigide Repression durch die SED. Diese Perspektive ergänzt die Intention des Projekts, Respekt und Mitgefühl für die Opfer zu zeigen und falsche Informationen aus DDR-Akten zu korrigieren.
Die Forschungsergebnisse sowie eine Reihe von Interviews sind online einsehbar und halten die Erinnerung an die Schicksale der Opfer lebendig. Der gesamte Prozess wertet die oft unbekannten Geschichten der Flüchtenden auf und schafft ein Bewusstsein für die geschichtlichen Hintergründe dieser Fluchtversuche. uni-greifswald.de berichtet, dass diese umfassende Dokumentation sowohl für die Wissenschaft als auch für die Öffentlichkeit von großer Relevanz ist. Auch ndr.de hebt hervor, dass das Buch zentrale Informationen zu einem bisher wenig beleuchteten Teil der DDR-Geschichte bereitstellt.