
Wissenschaftler:innen des Würzburg-Dresdner Exzellenzclusters ct.qmat haben einen bedeutenden Fortschritt in der Quantenforschung erzielt. Sie haben erstmals optische Quasiteilchen, bekannt als Exzitonen, auf der Oberfläche eines antiferromagnetischen Quantenmaterials nachgewiesen. Diese Entdeckung stellt einen wichtigen Schritt in der Entwicklung neuer Quantentechnologien dar und wurde in der renommierten Fachzeitschrift Nature Materials veröffentlicht.
Das Forschungsteam, unter der Leitung von Alexey Chernikov, hat die Bewegung der Exzitonen mittels ultraschneller Mikroskopie bei ultratiefen Temperaturen untersucht. Die spezifische chemische Struktur des Halbleitermagneten Chromium-Sulfid-Bromid (CrSBr) erweist sich als besonders geeignet, da dieser magnetische Ordnung mit halbleitenden Eigenschaften kombiniert. Anders als in bisherigen Studien, in denen Exzitonen meist in nicht-magnetischen Materialien vorkommen, bieten sich hier vollkommen neue Perspektiven.
Exzitonen: Lichtspeicher und Informationsträger
Exzitonen entstehen, wenn ein Lichtimpuls ein Elektron anregt und ein positiv geladenes „Loch“ hinterlässt. Diese Quasiteilchen können Lichtenergie speichern und sich durch das Material bewegen, wobei sie Energie in Form von Licht abgeben, sobald sie sich auflösen. In atomar-dünnen Schichten bleibt ihre Stabilität von etwa -268°C bis zur Raumtemperatur erhalten. An der Oberfläche des CrSBr reflektieren die Exzitonen Licht in einer anderen Farbe, was deren Analyse und Manipulation durch magnetische Felder ermöglicht.
Zusätzlich hat das Team bewegliche Exzitonen entdeckt, die sich in entgegengesetzte Richtungen bewegen, ein Verhalten, das mit der theoretischen Arbeit von Mikhail M. Glazov in Einklang steht. Dieses Phänomen ist rein quantenmechanisch und könnte weitreichende Anwendungen in Bereichen wie neuartigen Laserquellen, Lichtsensoren und Solarzellen finden.
Internationale Kooperation und Zukunftsperspektiven
Das Forschungsprojekt ist das Ergebnis einer internationalen Kooperation mit Wissenschaftlern aus den USA, Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden und Tschechien. Der Exzellenzcluster ct.qmat, der seit 2019 von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und der TU Dresden getragen wird, umfasst über 300 Forschende aus mehr als 30 Ländern, die an der Erforschung topologischer Quantenmaterialien unter extremen Bedingungen arbeiten.
Eine weitere bedeutende Entdeckung im Rahmen des Exzellenzclusters ist, dass zum ersten Mal Exzitonen in einem topologischen Isolator erzeugt wurden, was einen weiteren Durchbruch darstellt. Diese Erkenntnis eröffnet neue Möglichkeiten für die Entwicklung lichtgesteuerter Computerchips und Quantenprozessoren. Dabei wird das Wechselspiel zwischen Licht und Exzitonen zur Schaffung von Qubits genutzt, den grundlegenden Recheneinheiten für Quantencomputer.
In Zukunft könnten die Erkenntnisse aus diesen Studien zu revolutionären Entwicklungen in der Quantenkommunikation und -informatik führen. Der Exzellenzcluster erhalten dabei Fördermittel im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder.