
Am 23. Mai 2025 wurde ein bedeutendes Kooperationsprojekt zur Aufarbeitung der Gefängnisgeschichte in Vechta vorgestellt. Die Zusammenarbeit umfasst die Justizvollzugsanstalt (JVA) für Frauen, die Universität Vechta und das Industriemuseum Lohne. Ziel des Projekts ist die Erfassung und Kategorisierung von Archivbeständen der JVA, um die Alltagsabläufe der Gefangenen zwischen 1816 und 1945 zu beleuchten. Diese Archivalien werden als Grundlage für eine geplante Ausstellung dienen, die im Industriemuseum Lohne Ende September 2026 eröffnet werden soll, wie die Universität Vechta berichtet.
Der Anfang des Projekts geht auf einen Austausch im Mai 2024 zurück, den Dr. Katharina Tebben, die Leiterin der JVA, anregte. Prof. Dr. Eugen Kotte von der Universität Vechta übernahm die Leitung der Gespräche zur Auswertung von Materialien, die im Geschichtskeller der JVA gesammelt wurden. Dazu gehören Lagepläne, Fotografien und historische Gegenstände, die von Friedrich Grüterich, einem ehemaligen Mitarbeiter der JVA, zusammengetragen wurden. Diese Sammlung dokumentiert die Transformation des ehemaligen Franziskanerklosters in ein Zuchthaus im Jahr 1816 sowie die Entwicklung des Strafvollzugs bis heute.
Die Geschichte des Strafvollzugs in Vechta
Vechta hat sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem der traditionsreichsten Justizvollzugsstandorte in Deutschland entwickelt. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts ist die Stadt ein zentraler Ort für den Justizvollzug im Oldenburger Münsterland. Im Rahmen der Säkularisierung wurde das Franziskanerkloster in ein Gefängnis umgewandelt. Die JVA für Frauen Vechta ist seit 1996 eine eigenständige Institution, während bereits im 19. Jahrhundert ein Weibergefängnis mit rund 50 Haftplätzen an der Bahnhofstraße errichtet wurde.
Mit dem Bau des größten Strafvollzugsgebäudes, Haus I, im Jahr 1904, das etwa 400 Haftplätze bot, wurde die JVA Vechta zur größten Jugendanstalt in Niedersachsen in den 1950er Jahren. Diese Wandlung ist Teil der umfangreichen Geschichte der Institution, die von verschiedenen Reformen und der Anpassung an gesellschaftliche Veränderungen geprägt wurde. Zuchthäuser in Deutschland, wie sie im 17. Jahrhundert entstanden, dienten nicht nur der Bestrafung von Kriminellen, sondern auch der Unterbringung unliebsamer Mitbürger, was eine problematische Facette des ursprünglichen Strafvollzugs darstellt, wie im JVA-Blog dargelegt wird.
Ausstellung und Fortsetzung des Projekts
Die geplante Ausstellung im Industriemuseum Lohne wird den Betrieb und Alltag der Haftanstalten in Vechta thematisieren. Begleitend dazu ist ein Katalogband vorgesehen, der weitere Einblicke in die Geschichte des Strafvollzugs gibt. Das Projektseminar zur Erfassung der Geschichtssammlung wird im Sommersemester 2025 angeboten und ein Nachfolgeseminar wird im Wintersemester 2025/2026 stattfinden, um die Ausstellung detailreich vorzubereiten. Dr. Martin Hölzen von der JVA hat sich ebenfalls aktiv an der Planung beteiligt.
Durch die Kooperation dieser Institutionen wird eine einzigartige Möglichkeit geschaffen, die komplexe Geschichte des Strafvollzugs in Deutschland und insbesondere in Vechta sowohl akademisch als auch für die breitere Öffentlichkeit greifbar zu machen. Die Universität Vechta berichtet.
Die Justizvollzugsanstalt Vechta hat seit ihrer Gründung viele Veränderungen durchlebt, darunter die Anpassung an moderne Strafvollzugsprinzipien und die voranschreitenden gesellschaftlichen Normen. Mit dieser Aufarbeitung wird nicht nur ein Teil der deutschen Geschichte sichtbar, sondern auch der gesellschaftliche Wandel in der Wahrnehmung von Strafe und Resozialisierung, wie im JVA-Blog herausgestellt wird.