
Eine aktuelle Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Bioscience, beleuchtet die strukturellen Hindernisse, mit denen Frauen in der Wissenschaft, insbesondere im MINT-Bereich, konfrontiert sind. Der Artikel mit dem Titel „Systemic Sexism in Academia – An Early Career Viewpoint“ stammt von vier Nachwuchswissenschaftlerinnen, darunter Jun.-Prof. Dr. María Piquer-Rodríguez von der Freien Universität Berlin. Die Untersuchung zeigt auf, dass trotz des hohen Anteils an Frauen unter den Studienanfängern im MINT-Bereich – mehr als ein Drittel der Studierenden – der Frauenanteil in Führungspositionen stark abnimmt.
Gemäß der Studie sind vier wesentliche Barrieren für Frauen in der Wissenschaft identifiziert worden:
- Intellektuelle Verunsicherung: Herablassendes Verhalten und Belästigung führen zu Selbstzweifeln.
- Ausschluss aus Netzwerken: Ungleicher Zugang zu Mentoring und Sichtbarkeit verursacht „doppelte Arbeit“.
- Erhöhte Risiken bei Feldforschung: Sicherheitsrisiken und unzureichende Schutzmaßnahmen sind weit verbreitet.
- Geschlechtsspezifische Rollenerwartungen: Ungleiche Haus- und Betreuungsaufgaben belasten Frauen zusätzlich mental.
Vorschläge zur Verbesserung der Chancengleichheit
Die Studie schlägt mehrere strukturelle Maßnahmen vor, um Chancengleichheit zu fördern und die Innovationskraft der Wissenschaft zu steigern. Dazu gehören:
- Einführung geschlechtergerechter Quoten und anonymisierter Peer-Reviews.
- Anerkennung der „unsichtbaren Arbeit“ bei Beförderungen.
- Bezahlter Elternurlaub und flexible Arbeitszeiten.
- Umsetzung von Anti-Belästigungsrichtlinien sowie Integration von Diversität und Inklusion in die Hochschulkultur.
Trotz der Fortschritte im MINT-Bereich bleibt die Unterrepräsentation von Frauen in hohen akademischen Positionen besorgniserregend. Der Frauenanteil unter Doktoranden liegt bei 46 %, während er bei Habilitanden und Professoren nur noch 37 % und 29 % beträgt. Diese „Leaky Pipeline“, die das Absinken des Anteils weiblicher Akademikerinnen an verschiedenen Karrierestufen beschreibt, ist ein zentrales Anliegen des Bundesministeriums für Forschung. In der jüngsten Programmphase des Professorinnenprogramms werden 320 Millionen Euro bis 2030 bereitgestellt, um die Gleichstellung zu fördern.
Initiativen zur Förderung von Frauen in MINT
Gerade die Förderung der Sichtbarkeit und Anerkennung von wissenschaftlichen Leistungen von Frauen ist entscheidend. Der MINT-Zirkel verfolgt das Ziel, mehr Frauen für MINT-Fächer zu gewinnen. Ein Beispiel für erfolgreiche Initiativen ist der Girls’Day, ein Aktionstag zur klischeefreien Berufsorientierung für Schülerinnen. Dabei steht die Vielfalt in der Wissenschaft im Fokus, mit dem Ziel, die internationale Wettbewerbsfähigkeit und die Qualität der Forschung zu steigern.
Die Bedeutung von Geschlechteraspekten in der Forschung wird zunehmend erkannt. Gleichstellungspläne sind bereits seit 2022 Voraussetzung für EU-Förderungen. Dies zeigt, wie wichtig eine aktive Förderung von Diversität ist, um exzellente Forschung und Einzelinnovationen voranzutreiben.
Ein weiterer Überblick über die Fortschritte zeigt, dass der Anteil von Frauen in MINT-Studien von 19,5 % im Jahr 1977 auf 32,4 % im Jahr 2022 gestiegen ist. Dennoch bleibt es eine Herausforderung, die Zahl der Frauen in MINT-Führungspositionen zu erhöhen und strukturelle Vorurteile abzubauen.