
Die International Superconductive Electronics Conference (ISEC) hat sich als bedeutende Plattform für die Forschung an supraleitenden Materialien etabliert. Diese Tagung findet alle zwei Jahre in wechselnden Ländern statt, wobei Deutschland zuletzt 1997 als Gastgeber fungierte. Universitätspräsident Kai-Uwe Sattler von der TU Ilmenau hob die essenzielle Rolle dieser Forschungen für die Digitalisierung und energieintensive Technologien hervor. Supraleitende Materialien sind in der Lage, Strom verlustfrei zu leiten, was revolutionäre Möglichkeiten für Quantencomputer und energieeffiziente Halbleiter bietet.
Diese Fortschritte sind besonders relevant für die Reduzierung des Energiebedarfs von Rechenzentren, die eine Schlüsselrolle in der Bereitstellung von Cloud-Diensten und im Internet der Dinge (IoT) spielen. Mit dem derzeitigen technischen Stand stoßen traditionelle Computer aufgrund ihrer veralteten Architektur an Grenzen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, wird Prof. Hannes Töpfer einen neuartigen Ansatz zur Energieeinsparung präsentieren, der neuromorphes Computing mit Supraleitung kombiniert.
Neuromorphes Computing als Schlüsseltechnologie
Das Konzept des neuromorphen Computings ahmt die Informationsverarbeitung des menschlichen Gehirns nach. In einem neuromorphen Josephson-Netzwerk werden supraleitende Josephson-Kontakte so verschaltet, dass sie die Funktion biologischer Nervenzellen nachbilden. Informationen werden dabei durch kurze Impulse, ähnlich den neuronalen Signalen im Nervensystem, übertragen. Dies führt zu einem signifikanten Energieverbrauch. Jedes Rechenbit könnte bis zu einer Milliarde Mal weniger Energie benötigen als bisherige Technologien.
Das Ziel dieser Forschung besteht nicht nur darin, innovative Techniken zu entwickeln, sondern auch deren Einsatz in Rechenzentren, im Verkehr und in der Industrie zu optimieren. Dies trägt zur Verringerung des CO₂-Fußabdrucks der IT bei, was in der heutigen Zeit von drängender Bedeutung ist. Zudem gibt es wertvolle Erkenntnisse aus Studien, die ebenfalls die energetische Effizienz von neuromorphen Computern thematisieren, wie beispielsweise in Publikationen von Li et al. (2020) und Zhang et al. (2020) zu finden sind, bei denen effiziente neuronale Netzwerke und neuro-inspirierte Computing-Architekturen untersucht werden.
Der europäische Innovationsansatz
Parallel zu den Erkenntnissen aus der ISEC wird in Europa auch der OpenSuperQplus100 entwickelt, ein Projekt, das auf supraleitenden Quantencomputern basiert. Dieses Projekt ist Teil der strategischen Forschungsagenda der EU für Quantentechnologie und zielt darauf ab, Systeme und Technologien zur Herstellung hochwertiger Quantenchips zu entwickeln. Dabei wird eine Entwurfs- und Herstellungsplattform für Quantenchips geschaffen, einschließlich der Integration in Multi-Chip-Module und der Definition von Herstellungsprozessen für Qubit-Chips.
Das Fraunhofer EMFT ist aktiv an der Entwicklung neuer Prozesse zur Herstellung von Qubit-Chips in der Pilotlinie beteiligt. Das Endziel ist die Herstellung dieser Chips im industriellen Maßstab für kommerzielle Anwendungen und ein Weg zu weiteren Fortschritten, bei denen im nächsten Schritt Chips mit bis zu 1.000 Qubits angestrebt werden. Anwendungsfälle dieser Technologie sind unter anderem Quanten-Simulationen in der chemischen Industrie und Materialwissenschaften, sowie Optimierungsprobleme und maschinelles Lernen.
Insgesamt zeigen diese Entwicklungen, wie eng die Themen von supraleitender Elektronik und neuromorphem Computing miteinander verknüpft sind und welche hohen Erwartungen die Forschung auf verschiedenen Ebenen an die zukünftige Technologie hat. Die Fortschritte in der supraleitenden Technologie könnten nicht nur die Effizienz in der Datentechnologie revolutionieren, sondern auch zu einer Verbesserung der Energieeffizienz auf globaler Ebene führen.