
Die Endometriose ist eine weitgehend unbekannte, aber weit verbreitete Erkrankung, die schätzungsweise jede zehnte bis fünfzehnte Frau im gebärfähigen Alter in Deutschland betrifft. Trotz der weitreichenden Symptome, wie starke Unterbauchschmerzen während der Menstruation, Unfruchtbarkeit und funktionelle Störungen beim Stuhlgang sowie Wasserlassen, bleibt die Diagnose häufig aus. In der Regel dauert es im Schnitt acht Jahre, bis die Krankheit erkannt wird. Viele Patientinnen erfahren erst während eines endoskopischen Eingriffs von ihrer Erkrankung. Diese enorme Dunkelziffer und die variierenden Symptome stellen eine große Herausforderung für die medizinische Versorgungslandschaft dar. Eine neue Initiative der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) zielt darauf ab, die Diagnosemöglichkeiten durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) zu verbessern.
Das Forschungsprojekt mit dem Namen EndoKI erhält eine Förderung von drei Millionen Euro vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention. Ziel ist die Verbesserung der nicht-invasiven Diagnostik und effektiven Behandlung von Endometriose-Patientinnen. Es wird über einen Zeitraum von drei Jahren durchgeführt und kombiniert verschiedene bildgebende Verfahren wie Ultraschall und MRT mit KI-Methoden, um ein detailliertes 3D-Modell für Patientinnen zu entwickeln. Ein multidisziplinäres Team von fünf Wissenschaftlerinnen der FAU und des Universitätsklinikums Erlangen, unterstützt von Partnerinnen der Universität Würzburg und der Technischen Universität München, treibt dieses Projekt voran.
Herausforderungen bei der Endometriose-Diagnose
Die Symptome von Endometriose werden oft ignoriert oder falsch interpretiert, was zu erheblichen Verzögerungen in der Diagnosestellung führt, die zwischen vier und elf Jahren liegen können. Um dies zu ändern, haben Forscher im EU-finanzierten Projekt FEMaLe weitere innovative Ansätze entwickelt. Hierbei kommt KI zum Einsatz, um Patientinnendaten wie klinische Aufzeichnungen, Symptome und genetische Informationen zu analysieren. Diese Technologie ermöglicht es, subtile Muster und Frühindikatoren für Endometriose frühzeitig zu erkennen.
Im Rahmen des FEMaLe-Projekts wurden zwei Schlüsselsysteme entwickelt: ein klinisches Entscheidungsunterstützungssystem für Gesundheitsberufe sowie eine digitale Begleit-App für Patientinnen. Diese App befähigt Nutzerinnen, ihre Symptome und Behandlungen über die Zeit hinweg zu verfolgen. Anonymisierte Daten aus der App fließen in die KI-Engine ein, was zur Verbesserung von Diagnosevorschlägen beiträgt. Das Ziel ist, die Diagnostik zu beschleunigen und somit die Anzahl der notwendigen Operationen zu reduzieren.
Integration von KI in die Behandlung
Zusätzlich zur Verbesserung der Diagnose könnte die Integration von KI auch innovative Ansätze in der Endometriose-Therapie fördern. Die Entwicklung der Endo-App steht in diesem Kontext. Sie basiert auf Richtlinien einer unabhängigen Expertengruppe der EU, die Prinzipien wie Rechtmäßigkeit, Ethik und Robustheit berücksichtigt. Damit soll sichergestellt werden, dass die Nutzung dieser Technologie sowohl die gesetzlichen Vorgaben als auch die ethischen Grundsätze einhält.
Die Anwendungsmöglichkeiten für KI sind vielversprechend. Durch die Analyse von Symptom-Tagebüchern der Nutzerinnen kann die KI etwa Muster erkennen und Zusammenhänge zwischen Symptomen und Faktoren wie Ernährung oder sportlicher Betätigung aufdecken. Zudem könnte sie dabei helfen, unnötige invasive Verfahren zu vermeiden und eine schnellere Diagnose zu ermöglichen. Die KI wird kontinuierlich lernen und sich verbessern, basierend auf Nutzerfeedback und einer wachsenden Datenbank von Symptomen und klinischen Ergebnissen.
Langfristig soll eine pseudonymisierte Datenbank mit MRT-Datensätzen und histopathologischen Informationen entstehen. Eine qualitativ-ethnografische Teilstudie wird ebenfalls durchgeführt, um die Perspektiven von Gynäkologen, Patientinnen und Forschenden zu erfassen. Handlungsempfehlungen für die Diagnostik und Therapie sollen entwickelt werden, auch für Organisationen wie die WHO. Eine Konferenz zum Thema Endometriose ist für 2028 an der FAU und dem Universitätsklinikum geplant, um die gewonnenen Erkenntnisse weiterzugeben und den Austausch in der Fachwelt zu fördern.
Insgesamt zeigt sich, dass die Kombination aus KI und interdisziplinärer Forschung vielversprechende Wege eröffnet, um die Versorgung von Endometriose-Patientinnen nachhaltig zu verbessern. [FAU] berichtet von den bedeutenden Schritten in Richtung einer effektiveren Diagnostik und Therapie. Aber auch Projekte wie [CORDIS] und [Endometriose.App] verdeutlichen die Notwendigkeit, die Lebensqualität der betroffenen Frauen zu steigern und deren Schmerz zu verstehen, zu messen und zu behandeln.