
Am 8. Juli 2025 fand an der FernUniversität in Hagen eine bedeutende Tagung statt, die den Einfluss des Meeres auf die globale Geschichte beleuchtete. Die Veranstaltung wurde von der Gesellschaft für Globalgeschichte (GfGG) organisiert und widmete sich dem Thema „Maritime Globalgeschichte“. Die Tagung dauerte drei Tage und umfasste eine Vielzahl von Vorträgen zu diversen maritimen Themen, die die Teilnehmer zum Nachdenken über die Rolle der Meere in der Geschichte und Gegenwart anregten.
Prof. Christian Bunnenberg von der Ruhr-Universität Bochum beleuchtete den wachsenden Einfluss des Kreuzfahrttourismus auf Küstengesellschaften. Zusätzlich stellte Prof. Dr. Jürgen G. Nagel fest, dass rund 90 Prozent des globalen Warentransports über das Meer abgewickelt werden, was die fundamentale Bedeutung der maritimen Routen für den interkontinentalen Handel unterstreicht. Historiker:innen, die an der Tagung teilnahmen, forderten eine Abkehr vom weit verbreiteten „Terrazentrismus“ in der Geschichtsschreibung und betonten den globalen Zusammenhang, den das Meer herstellt.
Vielseitige Vorträge und Themen
In insgesamt sechs Vortragsblöcken wurden verschiedene historische Entwicklungen von den frühesten Einbaumbooten bis hin zu modernen Kreuzfahrtschiffen erörtert. Die Vorträge verdeutlichten, dass maritime Verbindungen bereits in prähistorischen Zeiten von zentraler Bedeutung waren. Dr. Fabian Fechner wies zudem darauf hin, dass das Meer nicht nur als Handelsweg dient, sondern auch als Lebensraum für Schiffsbesatzungen fungiert.
Ein zentrales Diskussionsthema war auch die Rolle von Häfen und Hafenstädten in der Geschichte. Kritische Stimmen, wie die von Leo Ryczko, thematisierten den Eurozentrismus in der Geschichtswissenschaft und hoben die Leistungen indigener Kulturen hervor. Der Klimawandel und die damit verbundenen ökologischen Veränderungen, die die maritime Ökologie beeinflussen, wurden ebenfalls angesprochen und zeigen die aktuellen Herausforderungen, denen die Meere gegenüberstehen.
Erinnerungspolitik und der Einfluss von Tourismus
Ein weiterer wichtiger Punkt der Diskussion war die Erinnerungspolitik im Zusammenhang mit Orten von Unrecht und Sklaverei, vorgestellt von PD Dr. Ulrike Schmieder. Die Auswirkungen des Massentourismus, insbesondere auf indigene maritime Gesellschaften, wurden von Prof. Dr. Ulrike Nennstiel thematisiert. Die Tagung wurde in einem hybriden Format angeboten, sodass sowohl vor Ort Teilnehmende als auch digitale Zuschauer die Vorträge verfolgen konnten.
In einem größeren Kontext betrachtet zeigt sich, dass die maritime Geschichte eng mit Fragen der Globalisierung und Deglobalisierung verknüpft ist. Historiker, wie Michael North, der die Rolle der Meere in der Weltgeschichte untersucht, bekräftigen, dass Seefahrt über Jahrhunderte wesentliche wirtschaftliche, kulturelle und politische Entwicklungen geprägt hat. Tragischerweise gehen mit der Eroberung der Meere oft Leid und negative Auswirkungen wie Sklaverei, Krankheiten sowie gefährliche Fluchtwege einher.
Auch heute noch haben menschliche Aktivitäten verheerende Auswirkungen auf die maritimen Ökosysteme, die durch Überfischung, Ölkatastrophen und intensiven Tourismus bedroht sind. Das Mittelmeer, einst ein zentraler Handelsraum, fungiert mittlerweile auch als gefährliche Fluchtroute für viele Menschen auf der Suche nach Sicherheit und einem besseren Leben. Die Tagung in Hagen bot somit nicht nur eine Plattform für Wissenstransfer, sondern auch für das Nachdenken über die Herausforderungen, vor denen die Meere und ihre Nutzer stehen.
Wie Felipe Fernández-Armesto postuliert, könnte die Globalität aus Salzwasser hervorgegangen sein, doch die maritime Perspektive hat in der Geschichtsschreibung noch nicht die notwendige Leitfunktion erlangt. Die diesjährige Tagung der GfGG stellte einen Schritt in Richtung einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Meer als einem zentralen Element der globalen Geschichte dar. Teilnehmer konnten neueste Forschungsergebnisse austauschen und interdisziplinäre Debatten anstoßen, die zukünftige Perspektiven der maritimen Globalgeschichte fördern sollten.