
Schussverletzungen sind ein kritisches Thema in der Notfallmedizin, insbesondere in Deutschland, wo solche Fälle zwar selten, aber extrem komplex sind. Diese Erkenntnis ziehen die Medizinstudenten Christoph Buchholtz und Dennis Lander aus ihren Erfahrungen und ihrer Ausbildung. Beide sind im 5. Fachsemester an der MHB und haben jüngst einen Artikel im Fachmagazin „Rettungsdienst“ veröffentlicht. Mit dem Titel „Schussverletzungen: Wundballistik und Verwundetenversorgung fallspezifisch erklärt“ leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung über dieses Thema. Laut MHB befasst sich der Artikel mit den interdisziplinären Aspekten von Schussverletzungen, die crucial für Notfallsanitäter, Rettungssanitäter, Notärzte und Medizinstudierende sind.
Buchholtz, der vor seinem Medizinstudium als Notfallsanitäter bei der Bundeswehr tätig war und am Trauma Fellowship-Program in Johannesburg teilnahm, bringt umfangreiche praktische Erfahrungen in den Umgang mit solchen Verletzungen mit. Lander arbeitete zuvor als Sektionsassistent in der Rechtsmedizin in Saarbrücken. In ihrem Artikel analysieren sie zwei exemplarische Fälle, einen mit einer Kurzwaffe und einen mit einer Langwaffe, und illustrieren die Unterschiede zwischen diesen Waffentypen.
Die Unterschiede zwischen Lang- und Kurzwaffen
Der Artikel verdeutlicht, dass Langwaffen, wie Gewehre, eine höhere Mündungsenergie aufweisen und oft schwerwiegende Verletzungen mit Austrittswunden verursachen. Im Gegensatz dazu führen Kurzwaffen, wie Pistolen, in der Regel zu kleineren Wunden und seltener zu Austrittswunden. Ein entscheidender Faktor ist das Kaliber und der Projektiltyp, die direkt die Verletzungsmuster beeinflussen. Diese Erkenntnisse sind essenziell, da Thieme darauf hinweist, dass deutsche Ärzte im Vergleich zu ihren US-amerikanischen Kollegen wenig Erfahrung mit Schussverletzungen haben.
In den USA gab es im Jahr 2014 über 81.000 nicht tödliche Schussverletzungen, was das Ausmaß und die Problematik in den Vereinigten Staaten verdeutlicht. Trotz dieser hohen Zahlen bleibt der Umgang mit Schussverletzungen in Deutschland eine Herausforderung, da sie aufgrund von Amokläufen in den letzten 15 Jahren zwar präsenter wurden, jedoch immer noch eine Seltenheit darstellen. Der Schweregrad einer Verletzung hängt entscheidend von den Eigenschaften des Projektils und des betroffenen Gewebes ab.
Präklinische Notfallversorgung
Ein zentrales Anliegen bei der Notfallversorgung von Schussverletzungen ist die schnelle Blutstillung. Die beiden Medizinstudenten betonen die Anwendung des SICK-Schemas, das eine umfassende Risiko- und Gefahrenbewertung vorsieht: Scene assessment and safety, Impression, Critical bleeding und Kinematics. Die präklinische Behandlung folgt dem cABCDE-Schema, das vorschreibt, dass lebensbedrohliche Probleme prioritär behandelt werden müssen. Neben der Lebensrettung stehen auch die Eigen- und Schutzziele der Rettungskräfte im Fokus.
Tourniquets und moderne hämostyptische Wundverbände sind in der präklinischen Phase gängige Hilfsmittel zur Blutstillung, die vielversprechende Erfolge zeigen. Laut Thieme ist es außerdem wichtig, alle Schusswunden als kontaminiert zu betrachten, was oft eine antibiotische Therapie notwendig macht. Im Bereich der Diagnostik sind die Möglichkeiten hierbei jedoch eingeschränkt, weshalb dem persönlichen Kontakt und der Anamnese besondere Bedeutung zukommt.
Ärzte und Rettungskräfte sind gefordert, sich auf die spezifische Behandlung von Schussverletzungen zu konzentrieren, die von der Art der Waffe, den Eigenschaften des Projektils und dem Verletzungsmechanismus abhängt. Offene Thoraxverletzungen müssen sofort behandelt und das Atemmanagement sichergestellt werden, insbesondere bei Patienten mit einem Glasgow Coma Scale (GCS) ≤ 8.
Das Wissen und die Erfahrung, die Buchholtz und Lander in ihrem Artikel teilen, sind entscheidend für die Weiterentwicklung der Kenntnisse und Praktiken in der deutschen Notfallmedizin, um besser auf Schussverletzungen reagieren zu können.