
Inmitten eines angespannten internationalen Handelsumfelds beleuchtet eine aktuelle Untersuchung zur Unternehmenslage in Deutschland die Auswirkungen der jüngsten Entwicklungen. Die Umfrage des German Business Panel zeigt, dass die erste Regierungsphase seit der Bundestagswahl von äußeren politischen Spannungen geprägt ist, insbesondere durch den Handelskonflikt mit den USA.
Die durchschnittliche Bewertung der wirtschaftspolitischen Inhalte im Koalitionsvertrag liegt lediglich bei 3,6 auf einer Skala von 0 bis 10. Besonderes Augenmerk liegt auf der Körperschaftssteuer: 39 % der Unternehmen bezweifeln, dass die geplante Senkung von 15 auf 10 Prozent bis 2032 umgesetzt wird. Die Unsicherheiten in Bezug auf eine mögliche Gegenfinanzierung und rechtliche Absprachen verstärken die Skepsis.
Auswirkungen des Handelskonflikts
Die Unternehmenschefs berichten von erheblichen Herausforderungen. Rund 71,2 % der Befragten sind direkt von den Handelskonflikten betroffen, während 61,5 % von einer unklaren Nachfrageentwicklung sprechen. Diese Unsicherheiten haben vielerorts zu Investitionsstopps, Preisaufschlägen und einem Einstellungsstopp geführt. Die aktuellen Wachstumserwartungen für die nächsten 12 Monate liegen bei lediglich 0,6 % und für die nächsten fünf Jahre bei 1,7 %.
Die Zolleinigung zwischen der EU und den USA, die einen möglichen Handelskonflikt entschärfen könnte, bietet vielen deutschen Unternehmen jedoch keine echte Erleichterung. Mit der Einführung von US-Importzöllen von 15 % auf viele EU-Produkte ab dem 7. August 2025 müssen zahlreiche Firmen verstärkt auf den Binnenmarkt und auf Märkte in Asien sowie Lateinamerika setzen. Eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zeigt, dass mehr als 50 % der Unternehmen zunehmende Schwierigkeiten erwarten – für Unternehmen mit direktem US-Geschäft sind es fast 75 %.
Kritik und Forderungen der Industrie
Die deutsche Industrie reagiert zurückhaltend bis entsetzt auf die Zolleinigung. Der Präsident des BGA bezeichnete die Vereinbarung als „schmerzhaften Kompromiss“ und warnte vor den negativen Konsequenzen für Händler und Arbeitsplatzsicherung. Kritiker wie der BDI sehen die hohen Zölle als negatives Signal für die exportorientierte Industrie.
Besonders schmerzhaft wirken sich die auf 15 % gesenkten Zölle auf Autoimporte und die weiteren zolltechnischen Hürden auf die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen aus. Die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, Müller, hebt die Notwendigkeit einer durchdachten Ausgestaltung der neuen Vereinbarung hervor. Um umfassende Verbesserungen zu erreichen, fordert die DIHK zudem weitere Verhandlungen mit den USA und ein umfassendes Handelsabkommen, einschließlich Freihandelsabkommen mit Mercosur-Staaten.
Ökonom Jens Südekum warnt vor anhaltenden Unsicherheiten im Zollstreit bis zum Ende der US-Legislaturperiode. Das Projekt „Accounting for Transparency“, das von der DFG gefördert wird, läuft bereits seit Juli 2019 und beschäftigt mehr als 100 Wissenschaftler von neun Universitäten, um die Dynamik und Herausforderungen in der deutschen Wirtschaft zu analysieren.
Die Unternehmen fordern weiterhin eine Senkung der Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen sowie eine Digitalisierung der Finanzverwaltung. Diese Punkte sind im Koalitionsvertrag zwar vage für die Mitte der Legislaturperiode angekündigt, die Umsetzung bleibt jedoch unklar.