
Die zunehmenden Herausforderungen des Klimawandels machen auch vor dem Wattenmeer nicht halt. Seit einiger Zeit besteht die besorgniserregende Tendenz einer signifikanten Veränderung der Lebensräume in diesem einzigartigen Ökosystem. Am 16. September 2025 beginnt für einen Hochschulkurs der Universität Münster eine intensive Auseinandersetzung mit den Lebensstrategien im Wattenmeer.
Die Gruppe besteht aus sechs Masterstudierenden der Biologie und drei der Wasserwissenschaften, die unter der Leitung von Dr. Hans-Ulrich Steeger an einer zweiwöchigen Exkursion teilnehmen. Dabei nutzen sie die Meeresbiologische Wattstation in Carolinensiel, die in diesem Jahr nicht unterhalb des Meeresspiegels liegt und somit eine Durchführung der Kurse ermöglicht. Die Studierenden sind hier, um verschiedene wissenschaftliche Exkursionen durchzuführen und die Meereslebewesen des Wattenmeeres zu erforschen.
Exkursionen im Wattenmeer
Für die Exkursionen wurden zwei Bullis organisiert. Steeger meldet die Gruppe beim Strandwart an und informiert die Studierenden über notwendige Ausrüstungen und Techniken zur Arbeit im Watt. Im weiteren Verlauf der Exkursion fangen die Studierenden wirbellose Tiere, die später im Nasslabor untersucht und wieder in den Lebensraum entlassen werden. Dabei erläutert Steeger nicht nur die Lebensstrategien der Organismen, sondern auch historische Aspekte, wie beispielsweise die Seifenherstellung im Mittelalter.
Die Gruppe sammelt Krebse, Muscheln und Algen, die zentrale Elemente des Wattenmeer-Ökosystems sind. Auf dem Rückweg zur Wattstation klärt Steeger über die Bedeutung des Wattenmeeres als Nationalpark auf und berichtet von den gescheiterten touristischen Entwicklungsplänen, die die einzigartige Natur gefährden könnten.
Zusätzlich kochen die Studierenden im Selbstversorgerhaus der Wattstation ihre eigenen Mahlzeiten, während Dr. Steeger spannende Einblicke in die Geschichte Ostfrieslands und die Landschaftsentwicklung über Jahrtausende gibt. Die Forschung an der Meeresbiologischen Wattstation, die 1970 gegründet wurde, dient sowohl der Lehre als auch der wissenschaftlichen Untersuchung.
Klimawandel im Wattenmeer
Parallel zu diesen vor Ort erlebten Erkenntnissen gibt es die alarmierenden Forschungsresultate zur steigenden Erwärmung der Nordsee. Forscher der Wattenmeerstation Sylt haben eine umfassende Studie veröffentlicht, die die schwerwiegenden Auswirkungen des Klimawandels auf das Wattenmeer thematisiert. Diese Forschung wurde anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Station in der Fachzeitschrift Marine Biodiversity veröffentlicht.
Die Nordsee hat sich in den letzten 60 Jahren im Mittel durchschnittlich doppelt so stark erwärmt wie der globale Ozean. Dies hat gravierende Auswirkungen auf das Ökosystem: Milde Winter und sehr warme Sommer führen zu häufigeren Hitzewellen, mit Temperaturen, die 3 bis 5 Grad über dem Durchschnitt liegen. Physikalische Veränderungen beeinflussen die Ausdehnung ökologisch essentieller Lebensräume, wie Seegraswiesen und Muschelbänke, stark.
Ein besonders besorgniserregender Trend sind die Verschiebungen von Arten, die ihre Verbreitungsgebiete nicht anpassen können. Fische, die das Wattenmeer als Kinderstube nutzen, sind besonders stark betroffen. In den letzten Jahren zeigen Studien einen signifikanten Rückgang der Populationsgrößen bei Fischen, Pflanzen und Vögeln im Wattenmeer. Diese Ergebnisse beruhen auf einer Analyse von über 3000 Zeitreihen von Populationsgrößen, die von 200 Stationen entlang der Küste erfasst wurden.
Positiv einzuordnen sind jedoch auch einige Entwicklungen: Bestimmte Arten, wie die Pazifische Auster und die Amerikanische Schwertmuschel, profitieren vom Umweltwandel. Dennoch ist der Rückgang bekannter Arten wie des Atlantischen Kabeljaus und verschiedener Plattfische alarmierend. Der ganzheitliche Ansatz dieser Studien zielt darauf ab, Naturschutzstrategien und das Management des 500 Kilometer langen Küstenstreifens zu verbessern.
Insgesamt verdeutlichen die gesammelten Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse, wie wichtig die Forschung und Sensibilisierung für das Wattenmeer ist. In Anbetracht der raschen Veränderungen ist es entscheidend, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen und ein Bewusstsein für die einzigartige Natur des Wattenmeeres zu schaffen. Während die Studierenden an der Universität Münster an ihren Exkursionen arbeiten, bleibt das Schicksal dieses Ökosystems ungewiss und erfordert dringliche wissenschaftliche Aufmerksamkeit.
Für weiterführende Informationen zu den Kursen der Universität Münster besuchen Sie Uni Münster. Aktuelle Daten über die Auswirkungen des Klimawandels auf das Wattenmeer finden Sie unter Deutsches Klimaportal und spezifische Biodiversitätsstudien veröffentlicht von Universität Oldenburg.