
Die Stadtplanung in der Zeit des Nationalsozialismus stellt ein komplexes und oft düsteres Erbe dar, das jetzt mit der Veröffentlichung des Buches „Städtebau im Nationalsozialismus. Angriff, Triumph, Terror im europäischen Kontext 1933–1945“ eingehender beleuchtet wird. Anlässlich des 80. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkrieges und als Abschluss eines 25-jährigen Forschungsprojektes an der TU Berlin wird die Veröffentlichung heute vorgestellt. Die Leitung oblag Prof. Dr. Harald Bodenschatz, der bis 2011 den Fachbereich Planungs- und Architektursoziologie leitete und nun assoziierter Professor am Center for Metropolitan Studies der TU Berlin ist.
Die Publikation versteht Städtebau nicht nur als architektonische Disziplin, sondern auch als politisches Instrument, das zur Repräsentation, Ausgrenzung und Kriegsführung genutzt wurde. Themen des Buches umfassen Repräsentationsbauten, Wohnungsbau, Altstadterneuerung und militärische Infrastrukturen. Diese Aspekte werden im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojektes behandelt, das Expertise aus verschiedenen Fachrichtungen wie Architektur-, Planungssoziologie und Politikwissenschaft vereint. Mit Beiträgen von Autoren aus Chile, Deutschland und Italien wird der Städtebau in mehreren europäischen Diktaturen verglichen, darunter unter anderem das Regime von Mussolini in Italien und das von Stalin in der Sowjetunion.
Einblicke in die Forschung
Das Buch stellt auch den Städtebau der Nationalsozialisten in den Kontext der autoritären Regime der Zeit. Die Veröffentlichung hebt hervor, dass der NS-Städtebau sowohl als Ausdruck der Macht als auch als Werkzeug der Unterdrückung fungierte. Die Autoren befassen sich insbesondere mit dem Einfluss nationalsozialistischer Architektur auf städtische Räume und deren Funktion als Plattform für Ideologie und Propaganda. Zum Beispiel mussten zur Konstruktion von KZs und anderen Bauten Zwangsarbeiter herangezogen werden, was die brutalen Methoden des Regimes zusätzlich verdeutlicht.
Besondere Erwähnung finden in der Publikation die gigantomaniac Bauprojekte, wie etwa die „Halle des Volkes“ in Berlin und die geplante Umgestaltenden Städte wie München, Nürnberg und Linz. Solche Bauvorhaben sollten nicht nur den Machtanspruch des Dritten Reiches verkörpern, sondern auch den überlegenen Status der arischen Rasse symbolisieren. Die NS-Architektur und -Stadtplanung blieben nicht auf Deutschland beschränkt, sondern umfassten auch die von Deutschland besetzten Gebiete.
Die architektonischen Zeugen
Die Architektur von 1933 bis 1945 war stark geprägt von einem Stil, der Elemente des Neoklassizismus und der modernen Strömungen vereinte. Bedeutungsvoll war der Einfluss von Albert Speer, der zum „Stararchitekten des Dritten Reiches“ avancierte. Wie die Wikipedia beschreibt, wurden zahlreiche Bauprojekte mit Monumentalität und kultisch-sakraler Inszenierung geplant, viele davon blieben jedoch unvollendet oder wurden im Verlauf des Krieges verhindert.
Der Subskriptionspreis des neuen Werkes beträgt 98 Euro bis zum 7. August 2025, danach wird der Preis auf 128 Euro erhöht, was die hohe Nachfrage nach diesem wichtigen und umfassenden Werk zur NS-Architektur und Stadtplanung widerspiegelt. Zudem ist es in einer englischen Ausgabe erhältlich, um ein breiteres Publikum zu erreichen. Mit 624 Seiten und 700 Abbildungen stellt das Buch eine bedeutende Ressource für Wissenschaftler und Interessierte dar.
Die Buchpräsentation findet heute Abend um 18:00 Uhr im Bauhaus-Museum Weimar statt und ist kostenfrei. Hier werden die Herausgeber nicht nur zentrale Forschungsergebnisse vorstellen, sondern auch die Bedeutung des Themenfeldes diskutieren, das angesichts der historischen Dimensionen und gesellschaftlichen Relevanz nach wie vor brandaktuell ist.