
Die Agroforstwirtschaft hat sich als zukunftsweisender Ansatz etabliert, der nicht nur die Biodiversität fördert, sondern auch die Robustheit landwirtschaftlicher Systeme gegenüber den Risiken des Klimawandels erhöht. Laut der Universität Hohenheim, die eine umfassende Langzeitstudie durchgeführt hat, kombiniert diese Methode erfolgreich Bäume und Sträucher mit Ackerbau und Weidewirtschaft. Die Studie, die über einen Zeitraum von 17 Jahren Daten gesammelt hat, beleuchtet die Wirksamkeit von Gehölzreihen in gemäßigten Klimazonen bei der Stabilisierung von Ackererträgen.
Die Forschung am Ihinger Hof in Renningen, einer der ältesten Agroforst-Versuchsflächen in Deutschland, zeigte, dass der Abstand der Gehölzreihen, die Baumart sowie die Boden- und klimatischen Bedingungen entscheidend sind. Die Erträge von fünf Winterkulturen – darunter Wintererbsen, Triticale und Raps – wurden dabei in sieben Vegetationsperioden zwischen 2012 und 2023 analysiert. Die Ergebnisse sind aufschlussreich: Die höchsten Erträge wurden in einem Abstand von 12 bis 18 Metern von den Baumreihen gemessen, während die Mitte der Allee (18 bis 24 Meter) signifikante Rückgänge aufwies.
Einfluss von Gehölzreihen auf Erträge
Besonders interessant ist, dass Weidenpflanzungen in der Nähe von Bäumen zu Ertragseinbußen aufgrund der Konkurrenz um Licht, Wasser und Nährstoffe führten. Im Gegensatz dazu bewiesen Hecken eine mikroklimatische Schutzwirkung, die die Erträge benachbarter Pflanzen begünstigte. Walnussbaumreihen hingegen zeigten innerhalb der Parzellen keine signifikanten Ertragsunterschiede. Die Ergebnisse betonen auch, dass Gehölzreihen Erträge stabilisieren können, selbst während Trockenperioden, indem sie ein mikroklimatisches Gefälle schaffen.
Um diese Forschung weiter voranzutreiben, fördert die Eva Mayr-Stihl Stiftung die Koordinationsstelle für Agroforstsystem-Forschung bis Ende 2025 mit 260.000 Euro. Diese Stelle ist darauf ausgerichtet, die Vernetzung von Forschenden zu unterstützen und interdisziplinäre Projekte anzuregen. Ab dem Sommersemester 2024 wird zudem ein neues Master-Modul zur Agroforstwirtschaft an der Universität Hohenheim angeboten.
Nachhaltige Landwirtschaft durch Agroforstwirtschaft
Die Vorteile der Agroforstwirtschaft gehen über die reine Ertragssteigerung hinaus. Ein EU-finanziertes Projekt namens AGROMIX zielt darauf ab, die europäische Landwirtschaft nachhaltig zu gestalten. Professor Ulrich Schmutz von der Universität Coventry hebt hervor, dass die Kombination von Agroforstwirtschaft und traditioneller Landwirtschaft die Einkommensinstabilität verringern und die Nachhaltigkeit erhöhen kann. Das Projekt bringt landwirtschaftliche Betriebe, Forschende und politische Entscheidungsträger zusammen, um die praktischen Instrumente für die Umsetzung agrarökologischer Lösungen zu entwickeln.
Ein zentraler Aspekt des AGROMIX-Projekts ist die Analyse der sozioökonomischen Leistungen und Wertschöpfungsketten von Agroforstwirtschaft. Durch die Sammlung von Informationen aus acht langfristigen agroforstwirtschaftlichen Versuchsstandorten sollen intuitive Modelle und Instrumente entwickelt werden, die landwirtschaftliche Betriebe unterstützen. Piloten und umfangreiche Schulungen in verschiedenen Klimazonen Europas sollen dabei helfen, den Übergang zu besseren Flächennutzungssystemen zu fördern.
Zusätzlich umfasst das Projekt die Veröffentlichung eines Handbuchs zur kooperativen Gestaltung der Agroforstwirtschaft sowie die Entwicklung länderspezifischer politischer Informationsblätter. Diese Maßnahmen münden in die Erstellung einer „Europäischen Strategie für die Agroforstwirtschaft“, die auf den Nachhaltigkeitszielen der EU aufbaut. Die umfassende Dokumentation und die Durchführung von Workshops in verschiedenen Ländern dienen der langfristigen Implementierung von Agroforstlösungen.
Insgesamt zeigt die Kombination von praktischen Erkenntnissen und wissenschaftlicher Forschung, dass Agroforstwirtschaft ein vielversprechendes Konzept für die nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft darstellt. Dabei wird die Vielfalt der Natur effektiv genutzt, um Erträge zu sichern und gleichzeitig ökologische und ökonomische Vorteile zu realisieren.