
Im Jahr 2024 hat das Nationale Referenzzentrum (NRZ) für gramnegative Krankenhauserreger an der Ruhr-Universität Bochum einen alarmierenden Anstieg der multiresistenten Bakterienproben verzeichnet. Über 10.000 Proben wurden analysiert, und der Anteil der Proben, die Carbapenemasen enthalten, stieg auf 61,1 Prozent. Dies stellt einen bedeutenden Anstieg im Vergleich zu 43,9 Prozent vor drei Jahren dar. Carbapenemasen sind spezielle Enzyme, die die Wirksamkeit der wichtigen Reserveantibiotika, den Carbapenemen, erheblich verringern können. Dr. Niels Pfennigwerth vom NRZ betont die Notwendigkeit einer intensivierten Überwachung, um dieser bedrohlichen Entwicklung entgegenzuwirken. Dieser Jahresbericht wurde am 15. Mai 2025 im Epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Instituts veröffentlicht und wirft ein Licht auf die wachsende Herausforderung multiresistenter Erreger in der medizinischen Versorgung.
Multiresistente Erreger, die vor allem in Krankenhäusern auftauchen, sind zu einer ernsthaften Lebensgefahr für Patienten geworden, da die verfügbaren Behandlungsoptionen stetig abnehmen. Besonders gefährdet sind unter anderem Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, ältere Menschen, Krebspatienten unter Chemotherapie sowie Organtransplantierte. Auch Kinder mit einer unreifen Immunabwehr sind vor erkrankenden Bakterien nicht sicher. Laut dem Robert Koch-Institut verschärft jeder Einsatz von Antibiotika die Situation, da empfindliche Bakterien abgetötet werden, während resistente überleben und sich vermehren.
Globale Bedrohung durch Antibiotikaresistenzen
Die globalen Auswirkungen der Antibiotikaresistenz stellen eine der größten Herausforderungen für die Gesundheit weltweit dar. Die WHO warnt, dass resistente Keime jedes Jahr über eine Million Todesfälle verursachen. In Europa zählen rund 35.000 Todesfälle jährlich zu dieser traurigen Bilanz. Prognosen deuten darauf hin, dass bis 2050 mehr als 39 Millionen Menschen an den Folgen antibiotikaresistenter Keime sterben könnten. Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, der Generalsekretär der WHO, hebt hervor, dass resistente Keime den medizinischen Fortschritt zunichtemachen könnten. Die Tagesschau berichtet, dass sich die Resistenz als natürlicher Anpassungsprozess darstellt, der durch unsachgemäßen Antibiotikaeinsatz beschleunigt wird.
Um der Resistenzen entgegenzuwirken, fordern Fachleute einen verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika. In Deutschland gibt es Mängel bei der Antibiotikaverschreibung in nicht-universitären Krankenhäusern. Universitätskliniken hingegen haben Maßnahmen wie Antibiotic Stewardship (ABS) etabliert, um den Einsatz von Antibiotika zu optimieren. Dies beinhaltet eine detaillierte Diagnostik, die Auswahl des geeigneten Antibiotikums sowie die Anpassung der Therapiedauer und Dosierung. Beispiele sind die Charité in Berlin, die ebenfalls das ABS-Konzept verfolgt.
Öffentliches Bewusstsein und Prävention
Ein zentrales Problem bleibt das geringe öffentliche Bewusstsein über den Unterschied zwischen bakteriellen und viralen Infektionen. Fast die Hälfte der Europäer ist nicht dazu informiert, dass Antibiotika ausschließlich gegen Bakterien helfen. Somit ist es wichtig, die Patienten aufzuklären und darauf hinzuweisen, dass Impfungen gegen Krankheiten wie Diphtherie und Tetanus den Bedarf an Antibiotika senken können. Es wird zunehmend in die Entwicklung neuer Antibiotika und alternative Therapiemöglichkeiten investiert, um dem stetig wachsenden Problem der Antibiotikaresistenz entgegenzuwirken.