
Phytoplankton, insbesondere die Kieselalgenart Skeletonema marinoi, spielt eine entscheidende Rolle im marinen Nahrungsnetz der Ostsee und beeinflusst das Weltklima maßgeblich durch die Produktion von Sauerstoff und die Bindung von Kohlenstoff. Ein interdisziplinäres Forschungsteam hat im Rahmen des Projekts PHYTOARK die genetische Zusammensetzung und Diversität dieser Algenart über die letzten 8.000 Jahre untersucht. Die Ergebnisse, die in der Fachzeitschrift Global Change Biology veröffentlicht wurden, verdeutlichen den signifikanten Einfluss menschlicher Aktivitäten auf die Stabilität der Algenpopulationen. Während über Jahrtausende hinweg die Erbgut-Muster der Kieselalgen konstant blieben, zeigen die letzten Jahrhunderte drastische Veränderungen, die mit menschlichen Eingriffen korrelieren, wie uni-konstanz.de berichtet.
Im Rahmen der forschungsintensiven Studie wurden Sedimentbohrungen am Grund der Ostsee durchgeführt, um genetisches Material zu gewinnen. DNA-Überbleibsel der Kieselalgen, die bis zu 8.000 Jahre alt sind, wurden erfolgreich aus Sedimentkernen extrahiert. Diese Analyse erfolgt durch die Sequenzierung von DNA aus Chloroplasten und Mitochondrien. Die Untersuchung zeigte, dass sich die genetische Zusammensetzung dieser Algenpopulationen über lange Zeiträume stabil hielt, abgesehen von Veränderungen während extremer Klimaphasen. In den letzten Jahrhunderten jedoch beschleunigten sich diese Veränderungen, die auf verstärkte Nutzung der Ostsee, Schifffahrt, Küstenbau und den Nährstoffeintrag durch Landwirtschaft zurückgeführt werden können.
Forschungsdetails und Ziele
Das Forschungsprojekt PHYTOARK, das Anfang Mai 2021 am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde startete, hat als Ziel, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Artenvielfalt in den Meeren, insbesondere die des Phytoplanktons in der Ostsee, detailliert zu untersuchen. Es involviert zehn Forschungseinrichtungen aus Deutschland, Finnland, Schweden und den USA, darunter das Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum und die Universitäten Hamburg und Konstanz. Die Leitung hat Dr. Anke Kremp, eine erfahrene Phytoplanktonökologin. Die Studie wird mit rund 1 Million Euro über einen Zeitraum von drei Jahren von der Leibniz-Gemeinschaft unterstützt, wie senckenberg.de berichtet.
Ein faszinierender Aspekt der Untersuchung ist die verwendete Methodik, die Paläoumweltforschung, experimentelle Planktonökologie und Ökosystemmodellierung kombiniert. Durch die Analyse von Umwelt-DNA aus Sedimentproben wird es möglich, DNA-Zeitreihen zu erstellen, die Rückschlüsse auf frühere Umweltbedingungen wie Salzgehalt, Sauerstoff und Temperatur zulassen. Ziel ist es, die Phytoplanktongemeinschaften der Ostsee über verschiedene Zeitperioden zu rekonstruieren und die evolutionären Anpassungen an klimabedingte Veränderungen zu erforschen.
Klimaschutz und technologische Innovationen
Zusätzlich zu den genannten Studien gibt es eine weitere bedeutende Initiative am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Hier wurde ein neues KI-Leuchtturmprojekt namens KIMMCO ins Leben gerufen, das sich mit dem natürlichen Klimaschutz in der Ostsee beschäftigt. Ziel ist es, die Rolle des Phytoplanktons für den Klimaschutz präziser zu erfassen. Phytoplankton macht zwar nur 1-2 % der pflanzlichen Biomasse aus, ist jedoch für fast 40 % der globalen CO2-Aufnahme verantwortlich, wie geomar.de betont.
Das KIMMCO-Projekt, das mit etwa 2,16 Millionen Euro gefördert wird, wird von Prof. Dr. Anja Engel geleitet und nutzt eine innovative Kombination aus Sensormessungen, mikroskopischen Kameras und satellitengestützter Fernerkundung, um in Echtzeit Informationen über die Produktivität und Artenzusammensetzung des Phytoplanktons zu liefern. Im Rahmen des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz (ANK) des Bundesumweltministeriums soll KIMMCO die Grundlagen für internationale Monitoringprogramme und Umweltindikatoren legen.
Diese interdisziplinären Forschungsansätze zeigen, wie wichtig die Erhaltung und das Verständnis der marinen Biodiversität – insbesondere des Phytoplanktons – für die Bekämpfung des Klimawandels und den Schutz der Meere sind. Der Einfluss des Menschen auf natürliche Systeme ist unübersehbar und erfordert dringend nachhaltige und innovative Lösungsansätze.