
Eine aktuelle Studie der Universität Mannheim, durchgeführt von Dr. Claudia Rossetti, Dr. Katja Dlouhy und Prof. Dr. Torsten Biemann, untersucht den interessanten Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und Berufswahl. Die Forschung basiert auf Langzeitdaten, die von bis zu 11.000 Personen über mehr als 12 Jahre (2005–2017) erhoben wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass Menschen mit ähnlichen Persönlichkeitsmerkmalen häufig ähnliche Berufe wählen. Besonders auffällig ist, dass innerhalb von Berufsgruppen die Big-Five-Persönlichkeitsmerkmale – Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und emotionale Stabilität – einheitlicher ausgeprägt sind als zwischen unterschiedlichen Berufsgruppen.
Ein ilustratives Beispiel aus der Studie ist die Ähnlichkeit zwischen Ärzt*innen und Pharmakolog*innen in Bezug auf ihre Persönlichkeitsprofile. Diese Ähnlichkeiten werden umso deutlicher, je länger eine Person in ihrer beruflichen Position verbleibt. Diese Entdeckung unterstützt die Theorie, dass Persönlichkeitsunterschiede maßgeblich zu Berufswechseln führen. Personen, deren Persönlichkeiten stark von den ihrer Kolleg*innen abweichen, zeigen eine höhere Wahrscheinlichkeit, ihre Stelle zu wechseln.
Die Big Five und ihre Relevanz
Im Kontext der Studie ist es entscheidend, die Big Five der Persönlichkeit zu betrachten, die auch als Fünf-Faktoren-Modell bekannt sind. Diese fünf Dimensionen stehen für die Gesamtheit der Denkmuster, Gefühle, Einstellungen und Verhaltensweisen, die eine Person einzigartig machen. Der Ursprung des Modells führt bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts zurück.
- Offenheit für Erfahrungen: Bezieht sich auf Neugier und Kreativität. Hohe Werte können jedoch auch Unberechenbarkeit mit sich bringen.
- Gewissenhaftigkeit: Diese Eigenschaft beschreibt Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit und korreliert stark mit beruflichem Erfolg.
- Extraversion: Misst die Kontaktfreudigkeit einer Person, wobei hohe Werte als egozentrisch wahrgenommen werden können.
- Verträglichkeit: Steht in Verbindung mit Empathie und Kooperation, kann aber auch Naivität fördern.
- Neurotizismus: Misst emotionale Stabilität; erhöhte Werte sind häufig mit Nervosität und Reizbarkeit assoziiert.
Besonders die Gewissenhaftigkeit erweist sich als bedeutender Indikator für den beruflichen Erfolg, da sie eng mit Fachwissen und Führungsqualitäten verknüpft ist. Außerdem spielen Extraversion und Offenheit eine wichtige Rolle in Führungspositionen, während emotionale Stabilität und Verträglichkeit den Umgang mit Konflikten fördern.
Bedeutung für Arbeitgeber und Karriereberatung
Die Studie unterstreicht die Bedeutung der Übereinstimmung von Persönlichkeit und Beruf für die berufliche Zufriedenheit. Arbeitgeber, die diese Erkenntnisse in ihr Recruiting und ihre Personalentwicklung integrieren, können langfristige Bindung und Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter fördern. Empfehlungen aus der Studie legen nahe, Persönlichkeitsprofile gezielt in der Berufsberatung zu nutzen.
Insgesamt zeigt diese Forschung nicht nur, wie tiefgreifend die Persönlichkeit das berufliche Leben beeinflusst, sondern bietet auch wertvolle Ansätze für deren Integration in die Karriereberatung. Ein Bewusstsein über die eigenen Denkmuster und Eigenschaften ist essenziell für die berufliche Zukunft und die Jobsuche.
Die Ergebnisse dieser bedeutenden Studie wurden kürzlich im Journal of Organizational Behavior veröffentlicht und bedeuten einen wichtigen Schritt in der Verbindung von psychologischen Erkenntnissen und beruflicher Praxis.