
In den letzten Jahren hat das parasoziale Involvement von Nutzern gegenüber Influencern stark zugenommen. Diese Entwicklung hat Forscher dazu angeregt, die psychologischen Mechanismen hinter diesen Beziehungen näher zu untersuchen. Ein geplantes Forschungsprojekt unter der Leitung von Prof. Dr. Sonja Bröning von der MSH Medical School Hamburg und Prof. Dr. Andreas M. Brandmaier von der MSB Medical School Berlin zielt darauf ab, die Auswirkungen des parasozialen Engagements auf die Beziehungsfähigkeit in der realen Welt umfassend zu analysieren. Laut medicalschool-hamburg.de könnte die intensive Nutzung von Influencer-Content zu einem Beziehungsersatz führen, was die sogenannte Compensatory Use Theory unterstützt.
Ein zentrales Element des Projekts ist die Entwicklung des Fragebogens „Parasocial Influencer Involvement Scale“ (PIInS). Dieser Fragebogen hat das Ziel, die Dimensionen des parasozialen Engagements abzubilden und zu validieren. Erste Ergebnisse zeigen bereits psychologische Risikofaktoren und Mechanismen des Engagements auf, was die Notwendigkeit für Präventionsmaßnahmen und weiterführende Forschung unterstreicht.
Einfluss von Social Media Influencern
Zusätzlich zur psychologischen Perspektive untersucht eine andere Studie die Rolle von Social Media Influencer*innen (SMI) im Informationsverhalten und den Meinungsbildungsprozessen junger Menschen. Diese Untersuchung fokussiert auf die Nutzung sozialer Medien für politische Diskurse und zeigt, dass SMI als wichtige Vermittler von Informationen und Meinungsführern agieren. Trotz des wachsenden Einflusses von SMI fehlt es jedoch an empirischen Erkenntnissen über ihre Relevanz im Meinungsbildungsprozess, insbesondere bei der Altersgruppe von 14 bis 24 Jahren, wie in der Studie von doaj.org festgestellt wurde.
Die Untersuchung umreißt auch die Rolle parasozialer Beziehungen (PSB), die entscheidend zur persuasive Wirkung von SMI beitragen können. Weitere Erkenntnisse zeigen, dass Wahrnehmungen und zugeschriebene Eigenschaften von SMI signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede aufweisen. Diese Unterschiede manifestieren sich besonders in der Relevanz der SMI für die Meinungsbildung, die je nach Art der Informationen – ob alltagsrelevant oder politisch – variiert.
Funktionen der Influencer
Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass Influencer*innen vor allem Funktionen der Unterhaltung, Inspiration und Orientierung übernehmen. Jüngere Menschen sehen in ihnen nicht nur Informationsquellen, sondern auch Vorbilder, die ihre Meinungsbildung und Verhaltensweisen beeinflussen. Diese Erkenntnisse sind entscheidend für das Verständnis des Einflusses von Social Media und der Bedeutung von Influencern im Allgemeinen.
Die kombinierten Ergebnisse dieser Forschungen führen zur dringlichen Aufforderung nach weiterer wissenschaftlicher Untersuchung, um die langfristigen Auswirkungen von parasozialen Beziehungen auf die soziale Interaktion und die individuelle Beziehungsfähigkeit in der realen Welt präziser zu erfassen. Diese Fragen sind besonders relevant in einer Zeit, in der soziale Medien einen immer zentraleren Platz im Alltag junger Menschen einnehmen.