
Digitale Prävention spielt eine zunehmend zentrale Rolle in der Gesundheitsversorgung. Ein aktuelles Projekt der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB) mit dem Titel „DiPaH – Digitale Präventionsmaßnahmen bei arterieller Hypertonie“ beleuchtet die Wirksamkeit digitaler Gesundheitsangebote speziell für Menschen mit Bluthochdruck. Die Erhebung fokussiert sich insbesondere auf ältere Menschen sowie vulnerable Gruppen, darunter Personen mit geringem Einkommen und eingeschränkter Gesundheitskompetenz. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit der AOK Nordost und der revFLect GmbH durchgeführt und erhält Unterstützung vom Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses. Laut der MHB sollen durch diese Initiative Faktoren identifiziert werden, die die Nutzung digitaler Gesundheitsangebote fördern oder behindern.
Die Methodik des Projekts umfasst einen Mixed-Methods-Ansatz, der Online-Umfragen, persönliche Interviews und Gesprächsrunden kombiniert. Zusätzlich werden anonymisierte Krankenkassendaten ausgewertet und standardisierte Fragebögen sowie leitfadengestützte Interviews genutzt. Die Ergebnisse dieser Forschung werden in einem Whitepaper zusammengefasst, das konkrete Empfehlungen zur Stärkung digitaler Prävention enthält.
Empfehlungen für die digitale Gesundheitsversorgung
Zu den zentralen Empfehlungen gehört die zielgerichtete Ansprache vulnerabler Gruppen und die Förderung digitaler Gesundheitskompetenz durch verständliche Angebote. Des Weiteren wird die Notwendigkeit betont, digitale Angebote in die reguläre ärztliche Versorgung zu integrieren und die Qualität sowie Wirkung durch transparente Kriterien messbar zu machen. Dunja Bruch, die Projektleiterin, hebt hervor, dass digitale Technologien insbesondere für die Behandlung von Bluthochdruck eine bedeutende Rolle spielen. Das vollständige Whitepaper ist auf der Webseite der MHB verfügbar und dient als Grundlage für die Weiterentwicklung der digitalen Prävention.
Eine umfassende Untersuchung zu digitalen Gesundheitsangeboten in Deutschland stellt fest, wie unterschiedlich die Bevölkerung diese Ressourcen nutzt. Laut einer Studie, die von einem Team am DIW durchgeführt wurde, gaben 55% der Befragten an, dass sie Gesundheitsinformationen online suchen, während nur 1,1% Erfahrung mit Online-Beratung gemacht haben. Die Studie identifizierte signifikante Faktoren, die die Online-Suche nach Gesundheitsinformationen beeinflussen. Dazu zählen das Alter, das Geschlecht und die Bekanntheit von Internettherapien.
Herausforderungen und Chancen für ältere Menschen
Ein besonders wichtiger Aspekt ist die Tatsache, dass gerade ältere Menschen in Deutschland Schwierigkeiten haben, digitale Gesundheitsangebote zu nutzen. Dr. Kufre Okop, Gesundheitswissenschaftler am Hanse-Wissenschaftskolleg in Delmenhorst, arbeitet daran, wie digitale Angebote für Menschen über 55 Jahre besser gestaltet werden können. Eine Umfrage aus dem Jahr 2023 zeigt, dass etwa ein Drittel der über 60-Jährigen in Deutschland das Internet nie benutzt. Okops Ansatz zielt darauf ab, partizipative Strategien zu entwickeln, bei denen die Bedürfnisse der älteren Nutzer in den Entwicklungsprozess von digitalen Anwendungen integriert werden.
Aktuell arbeitet Okop mit einer Gruppe von etwa zehn Personen über 55 Jahren zusammen, um deren Vorbehalte und Bedürfnisse zu verstehen. Sie diskutieren Themen wie die Bedeutung ausreichender Flüssigkeitsaufnahme, besonders bei hohen Temperaturen, und erforschen die Möglichkeiten zur Erfassung und Auswertung von Gesundheitsdaten durch digitale Anwendungen. Das entwickelte Konzept wird in einer dritten Projektphase im Living Lab des BIPS getestet und soll danach mit Lösungen in Südafrika verglichen werden, um kulturelle Unterschiede zu berücksichtigen.
Insgesamt zeigt sich, dass digitale Gesundheitsangebote sowohl Chancen als auch Herausforderungen für die Prävention und Behandlung von Bluthochdruck bieten. Es bleibt jedoch entscheidend, die Erkenntnisse der Forschung in die Praxis umzusetzen, um den Bedürfnissen der Betroffenen gerecht zu werden und die digitale Gesundheitskompetenz zu fördern.