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Diskriminierung und Radikalisierung: Eine gefährliche Wechselwirkung für Muslime!

Das Forschungsprojekt „Wechselwirkungen“ an der FAU Erlangen-Nürnberg untersucht die Predigten in deutschen Moscheen und deren Inhalt. Unter der Leitung von Dr. Jörn Thielmann, einem ausgewiesenen Islamwissenschaftler, zeigt die Studie, dass in den Predigten vor allem positive Themen behandelt werden, die sich auf die religiös-moralische Lebensführung konzentrieren. Dies steht im Kontrast zu der häufigen Annahme, dass Moscheen Orte für Hasspredigten sind. Stattdessen thematisieren die Reden alltägliche Aspekte wie Erziehung, Tugenden und zwischenmenschliche Beziehungen.

Die Forschungen beruhen auf einer Analyse von online veröffentlichten Predigten der großen Verbände DITIB, IGMG und VIKZ, die zusammen etwa 1.500 der insgesamt 2.300 Moscheen in Deutschland vertreten. Thielmann betont, dass die Predigten auch gesellschaftliche und politische Fragen wie Integration, Rassismus und Diskriminierung ansprechen. Dies deutet darauf hin, dass sich die islamische Gemeinschaft aktiv mit ihrem Lebensumfeld kritisch auseinandersetzt und einen konstruktiven Beitrag zur Gesellschaft leisten möchte. Dies könnte in der öffentlichen Diskussion oft zu kurz kommen. Ein zentrales Ergebnis der Studie ist die ablehnende Haltung der muslimischen Verbände gegenüber Extremismus und Gewalt sowie der Aufruf zu einem rechtstreuen Engagement in der Gesellschaft.

Diskriminierung als Risikofaktor

Ein wichtiges Begleitphänomen in der Diskussion um Radikalisierung ist die Diskriminierung. Studien belegen, dass Diskriminierungserfahrungen zu einem niedrigen Selbstwertgefühl und Unzufriedenheit im Leben führen können. Besonders Muslim:innen in Deutschland berichten von einer hohen Wahrnehmung diskriminierender Erfahrungen, die sich auf ihre sozialen und politischen Einstellungen auswirken. Diese systemischen Diskriminierungen fördern nicht nur das Misstrauen gegenüber Institutionen, sondern tragen auch zur Infragestellung demokratischer Werte bei.

Bisher mangelte es an fundierten Daten über die Auswirkungen der systemischen Diskriminierung auf Muslime in Deutschland. Ein kürzlich durchgeführtes experimentelles Projekt versucht, den Zusammenhang zwischen Diskriminierung und deren emotionalen sowie politischen Einfluss auf diese Gruppe zu erforschen. Muslime nehmen die politische Institutionen als potenzielle Beschützer wahr, zweifeln jedoch an deren Willen zur Unterstützung.

Radikalisierung und Identitätsfindung

Die Erlebnisse von Diskriminierung sind nicht nur individuell, sondern können auch kollektive Wirkungen entfachen. Im Kontext der Radikalisierung haben Diskriminierung und Ausgrenzung eine signifikante Rolle, insbesondere in der Entwicklung defensiver Identitäten innerhalb von Minderheitengemeinschaften. Dies wird beispielsweise durch das Beispiel von Lina, einer 18-Jährigen, deutlich, die aufgrund ihrer Herkunft und ihres Stotterns mehrfach Diskriminierung ausgesetzt ist. Ab ihrem elften Lebensjahr trägt sie ein Kopftuch, das zu weiteren Anfeindungen führt.

Lina beschreibt sich als „Andere“ in sozialen Kontexten und hat Schwierigkeiten, akzeptierte Arbeitsmöglichkeiten zu finden. Ihre Suche nach Identität und Unterstützung führt sie dazu, sich verstärkt mit ihrer Religion auseinanderzusetzen. In ihrem Umfeld findet sie Gemeinschaft unter Muslima, die ihr Halt geben. Diese Suche nach Zugehörigkeit zeigt, dass Diskriminierungserfahrungen, während sie nicht direkt zu Radikalisierung führen, dennoch tiefgreifende Auswirkungen auf das Leben und die Einstellungen von Individuen haben können. In Linas Fall vereinen sich solche Erfahrungen in einem größeren Narrativ über Identität und Gemeinschaft.

Die weitverbreiteten islam- und muslimfeindlichen Haltungen in der deutschen Gesellschaft, die in der Studie „Verlorene Mitte – Feindselige Zustände“ dokumentiert sind, weisen darauf hin, dass jede fünfte befragte Person negative Eigenschaften auf Muslime projiziert. Diese Umstände erzeugen ein Klima, in dem Radikalisierung eine gefährliche, wenn auch nicht unvermeidliche Folge zu sein scheint.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Projekt „Wechselwirkungen“ und angrenzende Forschungen aufzeigen, wie wichtig es ist, den gesellschaftlichen Diskurs über Islam und Muslime in Deutschland zu überdenken. Während Radikalisierung und Diskriminierung in starker Wechselwirkung stehen, kann ein konstruktiver Dialog und die Unterstützung anerkannter muslimischer Stimmen in der Gesellschaft zur Verhinderung von Extremismus beitragen. FAU berichtet, dass es an der Zeit sei, die positiven Aspekte der muslimischen Gemeinschaft in den Vordergrund zu stellen und die gesellschaftlichen Diskurse proaktiv zu gestalten. Weitere Informationen zu Diskriminierung und deren Auswirkungen finden Interessierte auf RADIS und BPB.

Statistische Auswertung

Beste Referenz
fau.de
Weitere Infos
radis-forschung.de
Mehr dazu
bpb.de

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