
Forschende der Universität zu Köln und der Université d’Angers haben in einer bahnbrechenden Studie einen Mechanismus der Charcot-Marie-Tooth-Krankheit (CMT) untersucht. Diese Krankheit ist die häufigste erbliche Nervenkrankheit, die Nervenbahnen schädigt, welche Muskelbewegungen steuern und Sinneseindrücke übermitteln. Die aktuelle Forschung konzentriert sich auf Typ 2A (CMT2A), bei der Mutationen im MFN2-Gen eine entscheidende Rolle spielen. Die Ergebnisse wurden jüngst im Fachjournal Journal of Cell Science veröffentlicht.
Die Untersuchung zeigt, dass Mutationen im MFN2-Gen zu einem programmierten Zelltod (Apoptose) führen, was letztlich zum irreversiblen Absterben von Nervenzellen führt. Bisher war unklar, wie verschiedene Mutationen, die im MFN2-Gen vorkommen, zu ähnlichen klinischen Symptomen führen können. Die Forschungsgruppe stellte fest, dass diese Mutationen in menschlichen Zelllinien ein gemeinsames Muster aufzeigen, das die Zellen anfällig für Apoptose macht.
Mechanismen und Pathophysiologie
Messungen von Markerproteinen haben ergeben, dass der Zelltod bei allen untersuchten Mutationen aktiviert war. Es zeigte sich, dass der Zelltod durch Mutationen im MFN2 ausgelöst wurde, falls das Protein oder verwandte Proteine nicht ausreichend vorhanden waren. Erstaunlicherweise konnte eine erhöhte Menge des MFN2-Proteins einige Fehlfunktionen teilweise abmildern. Die Experimente an Patientenzellen haben diese Ergebnisse weiter bestätigt und zeigen auf, dass CMT2A über das Zelltod-Signal einen zentralen Ansatzpunkt für zukünftige therapeutische Maßnahmen bieten könnte.
Charcot-Marie-Tooth-Krankheit Typ 2A ist ein autosomal-dominante Erkrankung, die nicht nur das periphere Nervensystem, sondern auch das zentrale Nervensystem beeinträchtigen kann. Zu den klinischen Merkmalen dieser Störung zählen fortschreitende sensorische Verluste in den Extremitäten sowie eine Ausprägung des Pes cavus, einer Fußdeformität. In den letzten Jahren wurden über 100 pathogenetische Mutationen im MFN2-Gen identifiziert, jedoch bleibt die Beziehung zwischen dem klinischen Phänotyp und den Genotypen weiterhin unscharf.
Zukünftige Forschungsansätze
Die Studie hebt hervor, dass transgene Mäuse mit MFN2-Mutationen Veränderungen in der mitochondrialen Verteilung und Defizite der Atmungskette zeigen. Diese Befunde sind von zentraler Bedeutung, um die Vielfalt der klinischen Erscheinungsformen von CMT2A zu verstehen und das Potenzial für spezifische therapeutische Interventionen auszuleuchten. Zukünftige Forschungen sollen den Zusammenhang zwischen MFN2-Mutationen und dem Absterben von Nervenzellen weiter vertiefen.
Zusätzlich sind in der Literatur auch andere mitochondriale Erkrankungen wie die Lebersche hereditäre Optikus-Neuropathie (LHON) beschrieben, die durch spezifische Mutationen in der mitochondrialen DNA gekennzeichnet sind. Diese zeigen unter anderem, wie Mutationen auch eine reduzierte ATP-Synthese und erhöhte Freisetzung von freien Radikalen verursachen, was zu einer Dysfunktion retinaler Ganglienzellen führt. Solche Ergebnisse könnten in Zukunft für Therapien relevant sein, die über die reine Symptomatik hinausgehen und die zugrunde liegenden Mechanismen adressieren.
Insgesamt verdeutlicht die Forschung um CMT2A die komplexen Zusammenhänge zwischen Genetik, Zellbiologie und klinischen Symptomen. Die Möglichkeiten, die aus dieser Forschung hervorgehen, könnten möglicherweise die Grundlage für neue therapeutische Ansätze bieten, die Patienten mit dieser oft verheerenden Erkrankung eine verbesserte Lebensqualität ermöglichen.