
Am 13. August 2025 veröffentlichte der Universitätsverlag Potsdam das Buch „Das Blutbad an italienischen Zwangsarbeitern am 23. April 1945 bei Treuenbrietzen: was wir über ein Verbrechen vom Ende des Zweiten Weltkriegs wissen“, verfasst von Dr. Thomas-Peter Gallon. Dieses Werk beleuchtet die grausamen Geschehnisse um das Massaker an 127 italienischen Militärinternierten, die in der Schlussphase des Zweiten Weltkriegs von Wehrmachts- und SS-Einheiten erschossen wurden.
Gallon begann seine Recherche zu diesem historisch bedeutsamen Thema vor 25 Jahren, angestoßen von einem Artikel in einer lokalen Zeitung. Sein Buch bietet die erste systematische Rekonstruktion der Ereignisse, basierend auf Zeitzeug*innenberichten und Archivmaterialien, und enthält auch fotografische Dokumente des Tatorts, der Opferbergung sowie der Ruhestätten. Die italienischen Opfer sind auf der Italienischen Kriegsgräberstätte auf dem Waldfriedhof Zehlendorf in Berlin beigesetzt.
Das Massaker vom 23. April 1945
Am 23. April 1945 kam es in der Nähe von Treuenbrietzen zu einem der grausamsten Massaker des Krieges, bei dem die Wehrmacht 131 Zwangsarbeiter in ein Waldstück bei Nichel trieb und sie bis auf vier Überlebende erschoss. Am selben Tag besetzte die Rote Armee die Stadt erneut und befahl den Einwohnern, diese zu räumen. In der Nacht zuvor hatten Soldaten der Wehrmacht Teile der Stadt zurückerobert, und Männer wurden von Frauen und Kindern getrennt, um in den Wald gebracht zu werden, wo sie umgebracht wurden.
Die Gedenkstätte für die Opfer beider Massaker in Treuenbrietzen umfasst 337 Tote, darunter 209 deutsche Soldaten und 125 zivile Einwohner. Über die genauen Zahlen der Opfer gibt es allerdings Uneinigkeit; Schätzungen schwanken zwischen 30 und 1000, wobei letztere als unseriös angesehen werden. Interessanterweise wurde die Generalstaatsanwaltschaft der DDR 1974 in der Sache inaktiv, während die italienischen Behörden 2002 aufgrund von Überlebenden-Aussagen eigene Ermittlungen einleiteten.
Der Kontext der Zwangsarbeit
Zwangsarbeit war während des Zweiten Weltkriegs ein weit verbreitetes Phänomen in Deutschland, besonders als die Kriegswirtschaft des „totalen Kriegs“ 1942 durch die massenhafte Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte geprägt wurde. Italienische Militärinternierte, die nach dem Auseinanderbrechen der Waffenstillstandsvereinbarung zwischen Italien und Deutschland im Jahr 1943 in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten waren, litten unter besonders schlechten Bedingungen.
Krews ausländische Arbeitskräfte machten in vielen Wirtschaftsbereichen über ein Viertel der Arbeitskräfte aus; unter diesen wurden vor allem die aus der Sowjetunion stammenden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aufgrund ihrer rechtlichen Status diskriminiert. Auch die Lebensbedingungen für italienische Zwangsarbeiter waren prekär, und die Repression durch die Wehrmacht und die SS war allgegenwärtig.
Dr. Gallon beschreibt, dass er durch den Austausch mit den Nachkommen dieser Zwangsarbeiter und den Freiwilligen, die die Toten bestatteten, einen tieferen Einblick in die menschlichen Schicksale gewinnen konnte. Er sieht den Wert seines Buches nicht in möglichen Auszeichnungen, sondern in der notwendigen Erinnerung an die Opfer und die Lehren, die aus diesen Verbrechen gezogen werden müssen.
Wie die damaligen Geschehnisse zeigen, blieb die Verantwortung für die Zwangsarbeiter über viele Jahrzehnte hinweg unklar, und die deutsche Regierung übernahm erst 65 Jahre nach dem Krieg Verantwortung, als die Debatte um Entschädigungen initiiert wurde. Rund 4,7 Milliarden Euro wurden bis heute an 1,7 Millionen Überlebende ausgezahlt.
Das Buch von Thomas-Peter Gallon ist damit nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Geschichtsschreibung, sondern auch ein klarer Aufruf zur Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit.