
Am 16. Mai 2025 findet an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) das internationale Symposium „Cellular Underpinnings of Host-Microbe-Crosstalk“ statt. Organisiert vom Sonderforschungsbereich (SFB) 1182 „Entstehen und Funktionieren von Metaorganismen“, versammelt die Veranstaltung rund 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Kiel sowie internationale Gäste im GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Der Schwerpunkt liegt auf den kommunikativen Prinzipien zwischen Wirtslebewesen und Mikroorganismen auf zellulärer Ebene.
Zu den prominenten internationalen Experten, die an der Konferenz teilnehmen, gehören Professor Spencer Nyholm von der University of Connecticut, Dr. Liz Hambleton von der Universität Wien und Dr. Claudia Pogoreutz von der Université de Perpignan. Der SFB 1182 beschäftigt sich seit 2016 mit den langfristigen Beziehungen zwischen mikrobialen Gemeinschaften und ihren Wirtsorganismen, einer Thematik, die für die Gesundheit und das Verständnis von Krankheiten von Bedeutung ist.
Forschung zu Wirts-Mikroben-Interaktionen
Ein bisher oft vernachlässigter Aspekt dieser Forschung sind die zellulären Prozesse in der Interaktion zwischen vielzelligen Organismen und Mikroben. Professorin Tal Dagan, Vizesprecherin des SFB 1182, weist auf die unzureichende Erforschung der Dynamik an der Schnittstelle zwischen Wirten und Mikroben hin. Das Symposium zielt darauf ab, Wissenslücken in der Metaorganismus-Forschung zu schließen. Ein Thema, das diskutiert wird, ist der Einfluss des angeborenen Immunsystems auf die Interaktionen zwischen Wirtszellen und Mikroben. Professorin Ute Hentschel Humeida hebt die Bedeutung der Gewebeoberflächen von Wirtslebewesen für den Erstkontakt mit Mikroorganismen hervor.
Zusätzlich arbeiten Wissenschaftler an neuen Methoden zur Erforschung dieser Schnittstellen. Dazu gehören Einzelzellatlanten und hochauflösende Bildgebungsverfahren. Professor Hinrich Schulenburg, Sprecher des SFB 1182, betont die Wichtigkeit des internationalen Austausches zur Erforschung dieser zellulären Mechanismen.
Theoretische Modelle und Mutualismus
In einem verwandten Forschungsbereich entwickelt das Team des SFB 1182 und des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie in Plön ein theoretisches Modell zur natürlichen Selektion von Mikroben in Wirt-Mikroben-Systemen. Dabei wird der Fokus auf die symbiotischen Beziehungen gelegt, die als Metaorganismus bezeichnet werden. Das Ziel dieser Forschung ist ein besseres Verständnis der Evolution und der Entstehung von Symbiosen zwischen Mikroben und Wirten. Herkömmlicherweise wird angenommen, dass diese Symbiosen primär auf den evolutionären Vorteilen für den Wirt beruhen. Dieses neue Modell beleuchtet, wie Mikroben von Interaktionen profitieren können und dabei die Wirte zur Optimierung ihrer Fitness ausnutzen.
Professor Hinrich Schulenburg kommentiert, dass eine wirtszentrierte Sichtweise oft unzureichend ist. In der Fachzeitschrift The ISME Journal wurden die Ergebnisse veröffentlicht, die einen konzeptionellen Rahmen für das Verständnis der Selektion in Wirt-Mikroben-Beziehungen bereitstellen.
Konstruktion künstlicher Lebensgemeinschaften
Zusätzlich zu diesen theoretischen Modellen forschen Wissenschaftler am Marburger Max-Planck-Institut zur Kooperation von Mikroorganismen. In einer kürzlich durchgeführten Studie wurde eine künstliche Gemeinschaft zwischen Escherichia coli und Saccharomyces cerevisiae entwickelt, die den Mutualismus untersucht. Mutualismus bezeichnet eine Beziehung zwischen zwei verschiedenen Arten, von der beide profitieren.
Die Forscher haben festgestellt, dass die Mikroorganismen oft in Gemeinschaften leben und dabei Stoffwechselprodukte austauschen. Ihr Ziel war es, die Mechanismen des mikrobiellen Mutualismus im Labor nachzustellen. Dabei wurde beobachtet, dass Hefezellen im Stickstoffstoffwechsel von Bakterien abhängig werden, was zu einer neuen Ebene der Abhängigkeit innerhalb dieser Gemeinschaft führt.
Die Selektion auf gegenseitigen Nutzen erfolgt in diesem Kontext indirekt, wobei Merkmale zur Zusammenarbeit mit vorteilhaften Merkmalen gekoppelt sind. Dabei werden Phänomene wie Pleiotropien und Trade-offs genauer untersucht. Die Forscher fanden keine Hinweise auf Gruppenselektion, die häufig als Motor für die Evolution von Mutualismus postuliert wird.
Insgesamt zeigt diese Forschung, wie komplex und dynamisch die Beziehungen zwischen Wirten und Mikroben sind, sowie die Relevanz des internationalen Wissensaustausches bei der Erforschung dieser Lebensgemeinschaften.