
Die Nachtschattengewächse, zu denen Pflanzen wie Physalis und die Schlafbeere (Withania somnifera) gehören, sind für ihre Fähigkeit bekannt, bioaktive Steroide, sogenannte Withanolide, zu produzieren. Diese Substanzen finden verstärkt Anwendung in der traditionellen Pflanzenmedizin, und ihr Potenzial zur Entwicklung neuartiger Medikamente, beispielsweise zur Krebsbehandlung, steht derzeit im Fokus intensivster Forschung. Ein multidisziplinäres Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Jakob Franke von der Leibniz Universität Hannover und Prof. Dr. Boas Pucker von der Universität Bonn hat wesentliche Fortschritte in der Entschlüsselung der Biosynthese dieser Wirkstoffe erzielt. Das Projekt wird mit rund 511.000 Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft bis 2026 gefördert, wie uni-hannover.de berichtet.
Im Rahmen ihrer Forschung haben die Wissenschaftler die Genomsequenzen von Withanolid-bildenden und nicht-bildenden Nachtschattengewächsen verglichen. Dabei wurde ein Genbereich entdeckt, der entscheidend für die Bildung von Withanoliden ist. Erste Schritte des entsprechenden Stoffwechselwegs konnten in Modellorganismen wie Bäckerhefe und Nicotiana benthamiana nachgebaut werden. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen nicht nur die vollständige Aufklärung des Withanolid-Stoffwechselwegs unterstützen, sondern könnten auch als Grundlage für die Entwicklung neuer Pestizide und pharmazeutischer Wirkstoffe dienen.
Medizinische Relevanz des Withanolids
Withanolide besitzen zahlreiche gesundheitsrelevante Eigenschaften, die in der wissenschaftlichen Literatur zunehmend gewürdigt werden. Studien belegen, dass die Schlafbeere Stress reduzieren und die Schlafqualität verbessern kann. Zudem wird die entzündungshemmende und beruhigende Wirkung dieser Stoffe hervorgehoben, was ihre Nutzung als therapeutische Mittel in der modernen Medizin unterstützt. Forschungsarbeiten, wie sie in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht sind, beschäftigen sich intensiv mit den chemischen Aspekten und der pharmazeutischen Evaluierung von Withanoliden.
Die Biosynthese von Withanoliden in Pflanzen ist jedoch nicht vollständig verstanden, wie Professor Claude Becker von der Ludwig-Maximilians-Universität München anmerkt. In seiner Gruppe wurde ein Gencluster identifiziert, das für die Synthese der Wirkstoffe in der Erdkirsche (Physalis grisea) verantwortlich ist. Der Komplex enthält Gene für hintereinandergeschaltete Enzyme eines Biosynthesewegs, die gemeinsame Regulation und Vererbung der beteiligten Gene sichern. Diese Entdeckung gibt Aufschluss über die unterschiedlichen Spaltungen und Regulationen im Gencluster, die epigenetisch beeinflusst werden und eine differenzierte chemische Verteidigung in ober- und unterirdischen Pflanzenteilen ermöglichen.
Die vergleichenden genetischen Untersuchungen zeigen, dass die Duplikation des Genclusters beispielsweise in Tomaten und Kartoffeln nicht auftritt, was diesen Bereich der Biosynthese innerhalb der Nachtschattengewächse besonders macht. Die Forschung eröffnet somit neue Perspektiven für die Gewinnung und Anwendung von Withanoliden sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Pharmazie.
Insgesamt bietet die Forschung an Nachtschattengewächsen wertvolle Einblicke, die für die zukünftige Entwicklung innovativer Arzneimittel und pflanzlicher Produkte entscheidend sein könnten. Auch der Bereich der Epigenetik eröffnet neue Sichtweisen auf die biosynthetischen Potenziale dieser Pflanzen. Die vielversprechenden Ergebnisse legen den Grundstein für weitere Studien und Anwendungen in der pflanzlichen Medizinforschung, wie lmu.de berichtet.