
Am 8. Mai 2025 blickt Heidelberg auf eine bemerkenswerte Zeitgeschichte zurück, die tief in den Erinnerungen der Stadt verwurzelt ist. Die „Stunde Null“ 1945 ist häufig von Zerstörung und Verheerung geprägt, doch Heidelberg stellt eine Ausnahme dar. Die Stadt blieb während des Zweiten Weltkriegs weitgehend unbeschädigt. Ein zeitgenössischer Bericht hebt hervor, dass „nur die Brücken im Wasser lagen“ und somit die physische Infrastruktur weitgehend intakt war. Dennoch litt Heidelberg, wie viele andere Städte auch, unter den Nachwirkungen des Krieges und der nationalsozialistischen Herrschaft. Diese Herausforderungen prägten den Alltag der Bevölkerung und führten zu erheblichen Problemen, insbesondere durch die Rolle Heidelbergs als „US-Besatzungshauptstadt“ und als Zufluchtsort für viele Geflüchtete.
Der Historiker Prof. Philipp Gassert von der Universität Mannheim beleuchtet diese komplexen Entwicklungen in einem Vortrag über die kulturellen und politischen Veränderungen in Heidelberg nach dem Krieg. In diesem Kontext wird ebenfalls die Wiederwahl des Oberbürgermeisters Carl Neinhaus im Jahr 1952 erwähnt, der bereits unter dem Nationalsozialismus im Amt war. Prof. Gassert ist nicht nur Lehrstuhlinhaber für Zeitgeschichte, sondern beschäftigt sich auch intensiv mit der deutschen und europäischen Zeitgeschichte sowie mit der US-Außenpolitik.
Ruperto Carola Ringvorlesung: Ein Blick in die Vergangenheit
Die Ruperto Carola Ringvorlesung der Universität Heidelberg, mit dem Titel „1945: Epochenschwelle und Erfahrungsraum“, behandelt gesellschaftlich relevante Forschungsfragen. Diese Veranstaltungsreihe ermöglicht zwei unterschiedliche Perspektiven: Eine rückschauende Deutung der Geschehnisse sowie eine Rekonstruktion menschlichen Erlebens in dieser kritischen Phase der Geschichte. Prof. Dr. Manfred Berg hat die Ringvorlesung konzipiert. Die Vorträge finden montags in der Aula der Alten Universität um 18.15 Uhr statt, mit Ausnahme der Veranstaltung am 26. Mai. Aufzeichnungen werden später auf heiONLINE verfügbar sein, sodass interessierte Zuhörer die Informationen nachträglich abrufen können.
Eine besondere Untersuchung zur Zeit nach dem Krieg wird auch im Buch von Werner Pieper, „Dokumente, Fotos, Augenzeugenberichte“, behandelt. In 128 Seiten werden Fragen erörtert wie: „Wer oder Was rettete Heidelberg vor der Zerstörung?“. Es wird das tägliche Leben in Heidelberg 1945 thematisiert, einschließlich der Rolle von Persönlichkeiten wie Mark Twain und dem „Studentenprinzen“ bei der Rettung der Stadt. Pieper, der seit 1968 im Raum Heidelberg lebt, hat mehrere Werke über die Region verfasst und beschäftigt sich intensiv mit der Historie der Stadt.
Deutsch-Amerikanische Beziehungen und das Mark Twain Center
Heidelbergs Geschichte ist unzertrennlich verbunden mit den deutsch-amerikanischen Beziehungen, die im 20. Jahrhundert von großer Bedeutung waren. Heidelberg diente seit 1948 als militärisches Hauptquartier der US-Streitkräfte in Europa, was eine langanhaltende Präsenz von amerikanischen Soldaten und deren Familien nach sich zog. Das Mark Twain Center für transatlantische Beziehungen wurde nach dem Abzug der US-Streitkräfte im September 2013 gegründet und hat die Aufgabe, das Miteinander von US-Amerikanern und Deutschen durch multimediale Ausstellungen zu würdigen sowie einen kritischen Dialog über die Zukunft der transatlantischen Beziehungen zu initiieren.
Die Stadt Heidelberg investierte ca. fünf Millionen Euro in das Mark Twain Center, unterstützt durch Bundesprogramme. Die Dauerausstellung wird mit ca. 1300 m² Fläche zahlreiche Aspekte der deutsch-amerikanischen Beziehungen beleuchten und auch zivile Aspekte des Miteinanders thematisieren. Zudem werden Besucher die Möglichkeit haben, interaktive Tablets zur individuellen Gestaltung ihrer Rundgänge zu nutzen, was die Ausstellung zusätzlich bereichert.
Heidelberg hat mit der Entwicklung des Mark Twain Centers eine wertvolle kulturelle Initiative ins Leben gerufen, die es ermöglicht, die Geschichte der amerikanischen Präsenz in Deutschland auf kreative und informative Weise aufzuarbeiten.