
Jakob Lensing, ein Student am Lehrstuhl Werkstofftechnik der Ruhr-Universität Bochum, hat kürzlich eine bedeutende Erweiterung eines Computerprogramms zur Berechnung der Stahlhärte vorgestellt. Am 13. Februar 2025 wurde er für seine Studienarbeit mit dem 2. Preis des Dörrenberg-StudienAwards ausgezeichnet. Lensings Forschung zielt darauf ab, aus den gewünschten Eigenschaften eines Werkstoffs die ideale chemische Zusammensetzung vorherzusagen. Bereits bestehende Software am Lehrstuhl kann makroskopische Eigenschaften wie Härte auf Basis chemischer Zusammensetzung und Wärmebehandlung vorhersagen.
Die jüngsten Fortschritte von Lensing umfassen die Integration des Faktors der Martensit-Starttemperatur (MS), einer entscheidenden Kennzahl in der Materialwissenschaft. Die Martensit-Starttemperatur definiert den Punkt, an dem sich das Gefüge des Materials nach dem Glühen beim Abschrecken verändert. Diese Umstrukturierung im Gefüge führt zu einer signifikanten Härte des Materials, was für zahlreiche industrielle Anwendungen von entscheidender Bedeutung ist. Die vollständige Umwandlung des Gefüges hängt stark von dieser Temperatur ab.
Martensitischer Edelstahl und seine Eigenschaften
Martensitischer Edelstahl, der zur 400er-Serie gehört, hat eine raumzentrierte tetragonale (BCT) Kristallstruktur. Dieser Typ von Edelstahl enthält typischerweise zwischen 12-18% Chrom und 0,1-1,2% Kohlenstoff. Trotz seiner hohen Festigkeit und Härte nach Wärmebehandlung, zeigt martensitischer Edelstahl eine geringere Korrosionsbeständigkeit im Vergleich zu austenitischem Edelstahl. Anwendungen finden sich unter anderem in Besteck, chirurgischen Instrumenten, Ventilen, Lagern und Turbinenschaufeln.
Die Wärmebehandlung von martensitischem Edelstahl erfolgt durch Erhitzen auf Temperaturen zwischen 925 und 1070°C, gefolgt von schnellem Abkühlen (Abschrecken), um die gewünschte martensitische Struktur zu erzielen. Dieses Material weist auch magnetische Eigenschaften auf, was es in verschiedenen Industrien einsetzbar macht. Die gängigsten Güteklassen sind 403, 410, 416, 420, 431, 440A, 440B, 440C sowie 17-4 PH. Besonders die Güteklasse 410 ist für ihre ausgewogene Kombination aus Korrosionsbeständigkeit und hoher Festigkeit bekannt.
Der Prozess der Martensitbildung
Martensit ist ein metastabiles Gefüge, das durch eine diffusionslose und athermische Umwandlung aus dem Ausgangsgefüge entsteht. Die Umwandlung erfolgt, wenn das Material von einer Hochtemperaturphase – beispielsweise Austenit – schnell auf eine Niedertemperaturphase abgekühlt wird. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Abkühlung schnell genug erfolgt, um Diffusionsvorgänge zu verhindern.
Die Martensitbildung erfolgt über bereits vorhandene Keime im Austenit und ist nicht auf Metalle beschränkt; sie kann auch in Keramiken und Polymeren vorkommen. Die Umwandlung des kubisch-flächenzentrierten Gitters des Austenits in ein tetragonal raumzentriertes Gitter ist ein zentraler Prozess, der unter anderem von der chemischen Zusammensetzung abhängig ist. Die Veränderungen in der Struktur führen zu einem erheblichen Härteanstieg, der ebenfalls stark vom Kohlenstoffgehalt beeinflusst wird.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Forschung von Jakob Lensing einen wichtigen Schritt in der Werkstofftechnik darstellt, insbesondere im Bereich der martensitischen Stähle. Die präzise Berechnung der Stahlhärte könnte nicht nur die Materialentwicklung revolutionieren, sondern auch die Anwendung dieser materialtechnischen Erkenntnisse in weiteren industriellen Kontexten beschleunigen.
Ruhr-Universität Bochum berichtet, dass Lensing seine Methode zur Stahlberechnung erheblich verbessert hat. Mehr über martensitischen Edelstahl erfahren Sie auf SteelPro Group und dem Gesamtprozess der Martensitbildung auf Wikipedia.