
Vom 30. Juni bis zum 3. Juli 2025 findet an der Philipps-Universität Marburg ein internationaler Workshop statt, der sich mit dem Thema „(Re)conceptualizing / (re)thinking methodological approaches to study African regionalism“ beschäftigt. Dieser Workshop wird organisiert in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk „Re-centering African Subjects and Subjectivities“ (RASS), das von Dr. Mariel Reiss geleitet wird und aus 14 internationalen Wissenschaftler*innen besteht. Das Ziel des Workshops ist es, den afrikanischen Regionalismus jenseits westlicher Denkmuster zu untersuchen und neue methodische Ansätze zu entwickeln, um die Forschung in diesem Bereich zu dekolonisieren. Die Veranstaltung wird durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Teilnehmende Wissenschaftler*innen kommen aus verschiedenen Disziplinen wie Politikwissenschaft, Internationale Beziehungen, Soziologie und Anthropologie. Sie haben entweder umfangreiche Feldforschung in Afrika betrieben oder besitzen durch persönliche Erlebnisse ein tiefes Verständnis für den Kontinent. Diese diversifizierte Expertise ist entscheidend, um neue empirische Erkenntnisse zu gewinnen und innovative Theorien im Bereich des afrikanischen Regionalismus zu entwickeln.
Öffentliche Gender Lecture
Ein besonderes Highlight des Workshops ist die öffentliche Gender Lecture, die am 1. Juli 2025 von Prof. Dr. Bagele Chilisa gehalten wird. Ihr Vortrag mit dem Titel „Questioning Gender Norms Through African-Rooted Feminisms“ findet um 18.15 Uhr im Deutschen Sprachatlas, Pilgrimstein 16, Marburg statt. Die Lecture bietet nicht nur Einblicke in feministische Ansätze aus afrikanischen Perspektiven, sondern fördert auch die Diskussion über Gendernormen im afrikanischen Kontext.
Das RASS-Netzwerk hat es sich zur Aufgabe gemacht, westliche und afrikanische Perspektiven auf Regionalismus kritisch zu diskutieren und zu hinterfragen. Thematische Schwerpunkte sind unter anderem Konflikt und Sicherheit, politische Ökonomie sowie Governance. Ein entscheidendes Ziel dieser Initiativen ist es, die afrikanischen Subjekte und deren Subjektivitäten stärker ins Zentrum der Forschung zu rücken.
Historischer Kontext
Der aktuelle Fokus auf afrikanischen Regionalismus findet seine Wurzeln in einem bemerkenswerten historischen Kontext. Das Jahr 1960, oft als „Jahr Afrikas“ bezeichnet, markierte den Beginn eines umfassenden Dekolonisationsprozesses auf dem Kontinent. In diesem Jahr erlangten 17 afrikanische Staaten, darunter viele französische Kolonien, ihre Unabhängigkeit. Der Dekolonisationsprozess verlief größtenteils unblutig, mit Ausnahme von Ländern wie Algerien und Kenia. Viele afrikanische Politiker und Bewegungen forderten mehr politische Mitsprache, was nicht nur zur Unabhängigkeit, sondern auch zur Gründung von Nationalstaaten führte, die anfänglich enge Verbindungen zu ehemaligen Kolonialmächten wie Frankreich aufrechterhielten.
In diesem Kontext ist es wichtig, die anhaltenden Herausforderungen zu betrachten, die aus den Kolonialvergangenheiten resultieren. Die politischen Strukturen, die in dieser Zeit entstanden, haben viele Probleme und Spannungen hinterlassen, die bis heute nachwirken. Der Workshop in Marburg und die damit einhergehenden Diskussionen über afrikanischen Regionalismus tragen dazu bei, diese Thematiken in einem neuen Licht zu betrachten und innovative Lösungen zu entwickeln.
Insgesamt spiegeln die Initiativen und Veranstaltungen rund um das RASS-Netzwerk und den bevorstehenden Workshop nicht nur eine wissenschaftliche, sondern auch eine gesellschaftspolitische Relevanz wider. Sie bieten einen Rahmen für den Austausch über regionale Identitäten, das Zusammenspiel von Geschlecht und Macht, sowie die Herausforderungen und Möglichkeiten, die in den heutigen afrikanischen Gesellschaften existieren.