
Die psychischen Belastungen, die Klimawissenschaftler*innen durch die Auswirkungen des Klimawandels erfahren, sind ein drängendes Thema, das zunehmend ins öffentliche Bewusstsein rückt. uni-kiel.de berichtet, dass viele Forschende zwischen ihren wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem oft unzureichenden politischen Handeln frustriert sind. Diese Diskrepanz kann zu Gefühlen der Ohnmacht und Verzweiflung führen, insbesondere wenn die eigene Forschung keine unmittelbaren politischen Maßnahmen nach sich zieht.
Die Postdoktorandin Anna Lena Bercht von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel widmet sich in ihrem Kommentar im Fachmagazin „Nature Climate Change“ den psychologischen Folgen für Forschende. Sie berichtet über die emotionalen Herausforderungen, mit denen Wissenschaftler*innen konfrontiert sind, die die direkten Auswirkungen der Klimakrise auf ihr Arbeitsfeld erleben. Gefühle wie Angst, Traurigkeit und Sorge sind häufig, jedoch zögern viele, diese offen zu artikulieren. Bercht kritisiert, dass viele ihrer Kolleg*innen mit diesen Belastungen allein gelassen werden, was zu einem Rückzug aus der Klimaforschung führen kann.
Emotionale Resilienz und Unterstützung
Zur Unterstützung der emotionalen Resilienz von Klimawissenschaftler*innen schlägt Bercht vor, strukturelle Maßnahmen zu ergreifen. Diese könnten stärkere Vernetzung, Workshops, Peer-Mentoring-Programme und kollegiale Supervision umfassen. Auch Curricula und Fortbildungsangebote wären hilfreich, um Kompetenzen im Umgang mit emotionalem Stress zu fördern. Bercht hat selbst Erfahrungen mit emotionalen Herausforderungen in ihrer Forschung gemacht, etwa bei den Lofoten-Fischern in Norwegen, die durch den Klimawandel bedroht sind. Ihre Kollegin Verena Sandner Le Gall untersucht die indigenen Guna-Gemeinschaft in Panama, die durch stetige Überflutungen gezwungen ist, ihre Heimat zu verlassen.
Die Belastungen, die durch den Klimawandel hervorgerufen werden, betreffen nicht nur Wissenschaftler*innen, sondern auch die Allgemeinheit. Laut dem Bundesumweltministerium löst der Klimawandel auch in der Bevölkerung Ängste, Hilflosigkeit und Sorgen aus. Begriffe wie „Eco-Anxiety“ und „Eco-Grief“ beschreiben diese emotionalen Reaktionen, die sowohl als angemessene Reaktionen auf die Klimakrise als auch als übermäßige emotionale Reaktionen auftreten können. Zu starken emotionalen Reaktionen zählen unter anderem Vermeidungsverhalten, Handlungslähmung und Schlafstörungen.
Psychische Gesundheit im Kontext von Umweltveränderungen
Das Umweltbundesamt stellt fest, dass der Klimawandel nicht nur direkte psychische Folgen hat, die oft aus Naturkatastrophen oder Extremwetterereignissen resultieren, sondern dass langfristige Veränderungen wie anhaltende Dürren ebenfalls psychischen Stress hervorrufen können. Die Forschung zielt darauf ab, Risikogruppen zu identifizieren, die besonders stark betroffen sind.
Während steigende Temperatur und naturbedingte Extremereignisse wie Hurrikan Katrina im Jahr 2005 zu einem Anstieg von PTBS-Symptomen und Angstzuständen führen können, beschreibt das Phänomen der „Solastalgie“ das Verlustgefühl und die emotionale Belastung, die durch Veränderungen im vertrauten Lebensraum entstehen. Das Bundesumweltministerium betont zudem, dass individuelles und politisches Handeln gegen den Klimawandel notwendig ist, um negative psychische Auswirkungen zu minimieren.