
Eine internationale Studie mit Beteiligung der Universität Bremen zeigt dramatische Prognosen für den globalen Gletscherverlust im Kontext des Klimawandels. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin Science veröffentlicht und wurden unter der Leitung eines Teams von 21 Wissenschaftlern aus zehn Ländern erarbeitet. Dieses Team untersuchte die langfristige Entwicklung von über 200.000 Gletschern außerhalb Grönlands und der Antarktis unter Berücksichtigung acht unterschiedlicher Gletschermodelle und globaler Temperaturszenarien.
Die sorgenvollen Zahlen verdeutlichen: Bei einem Anstieg der globalen Temperaturen um 2,7 Grad Celsius, wie er in den aktuellen Klimapolitiken angestrebt wird, werden nur noch 24 Prozent der heutigen Gletschermassen erhalten bleiben. Im Gegensatz dazu könnte eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius – ein Ziel aus dem Pariser Klima-Abkommen – mehr als die Hälfte dieser Massen retten. Professor Ben Marzeion von der Uni Bremen erklärt die zentrale Verantwortung der gegenwärtigen Klimapolitik für die zukünftige Entwicklung der Gletscher.
Langfristige Auswirkungen und wirtschaftliche Folgen
Besonders alarmierend ist, dass selbst bei einem stabilen Niveau von 1,2 Grad Celsius über 39 Prozent der Gletschermasse verschwinden würden. Zudem macht Dr. Harry Zekollari von der Vrije Universiteit Brüssel darauf aufmerksam, dass Entscheidungen, die heute getroffen werden, langfristige Auswirkungen auf das Gletschereis haben werden. Gletscher verlieren zunächst rasch an Masse und schmelzen dann über Jahrhunderte hinweg langsamer weiter, auch ohne zusätzliche Erwärmung.
Die Studie führt zudem an, dass entscheidende Folgen des Gletscherschwunds die Wasserversorgung, das Risiko von Naturkatastrophen und die Bedrohung des Tourismus betreffen. Gletscher sind wichtige Indikatoren für den Klimawandel, da ihr Zustand das Ausmaß der globalen Erwärmung widerspiegelt, auch wenn sie sich nur langsam an Veränderungen anpassen.
Globale Perspektive und alarmierende Statistiken
Weltweit gibt es mehr als 275.000 Gletscher, die durch den Klimawandel stark gefährdet sind. Laut einer Studie der Universität Zürich haben Gletscher seit 2000 jährlich etwa 273 Milliarden Tonnen Eis verloren. 2024 stellte sich als katastrophales Jahr heraus, mit einem Verlust von 450 Milliarden Tonnen Eis, was das viertschlimmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen darstellt. In den letzten drei Jahren verloren alle 19 Gletscherregionen der Erde an Masse.
Besonders betroffen sind Regionen wie die Anden, der Himalaya und die Alpen. Beispielsweise sind Gletscher in den Anden in den vergangenen 40 Jahren um 30 bis 50 Prozent geschmolzen. Während die kanadische Arktis und Grönland bislang weniger betroffen sind, könnte die Hälfte der Gletscher im Himalaya und Karakorum bis Ende des Jahrhunderts verschwinden.
Die Dramatik des Gletscherschwunds zieht weitreichende Konsequenzen nach sich. Gletscher speichern etwa 70 Prozent des globalen Frischwassers, und über drei Milliarden Menschen sind auf das Schmelzwasser angewiesen. Eine genaue Beurteilung des Gletscherrückgangs ist daher entscheidend, um Risiken und Naturgefahren besser einschätzen zu können.
Ein Aufruf zum Handeln
2025 wurde in den Kontext des Internationalen Jahres der Erhaltung der Gletscher gesetzt, was die Dringlichkeit der Situation unterstreicht. Forscher fordern stärkere Maßnahmen zur Überwachung der Gletscher und betonen, dass ohne sofortige Veränderungen im Klimaschutz der Gletscherschwund weiter anhalten wird. Es ist klar, dass jede zusätzliche Erwärmung um 0,1 Grad Celsius zu einem Verlust von etwa zwei Prozent mehr Gletschereis führt.
Zusammenfassend ist die gegenwärtige Lage der Gletscher eine klare Mahnung an die Menschheit. Der Rückgang der Gletscher stellt nicht nur eine Umweltbedrohung dar, sondern gefährdet auch die Lebensgrundlage von Millionen in den betroffenen Regionen. Die Verantwortung für künftige Generationen liegt in den Händen der aktuellen Politik, und Maßnahmen müssen umgehend ergriffen werden.