
Das Forscherteam um Prof. Dr. Sebastian Ocklenburg an der Medical School Hamburg hat in jüngster Zeit beachtenswerte Erkenntnisse zur Evolutionsgeschichte der motorischen Seitenpräferenzen bei Menschen und Tieren geboten. Laut medicalschool-hamburg.de zeigt die aktuelle kladographische Analyse, dass motorische Präferenzen nicht nur ein menschliches Phänomen sind. Die Forscher arbeiten interdisziplinär mit Kolleginnen und Kollegen der Ruhr-Universität Bochum, der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf sowie des Forschungszentrums Jülich zusammen.
In ihren Studien analysierten Ocklenburg und sein Team Daten von 172 verschiedenen Tierarten. Die Erkenntnisse sind bemerkenswert: Über 72% der untersuchten Arten zeigten einen deutlichen Nachweis für motorische Seitenpräferenzen. Dies stellt einen signifikanten Fortschritt im Verständnis der funktionalen Organisation des motorischen Systems im Gehirn dar.
Evolutionsbiologische Perspektiven
Viele Menschen glauben, dass Linkshändigkeit eine menschliche Eigenschaft ist. Tatsächlich sind jedoch etwa 10,6% der Menschheit linkshändig – ein Wert, der auch mit den Beobachtungen in der Tierwelt in Einklang steht. So zeigen Tiere vielfach eine vorliegende Pfote oder Flosse, was laut geo.de als hemisphärische Asymmetrie bezeichnet wird und sowohl genetischen als auch umweltbedingten Faktoren unterliegt.
Die Forschung zu diesem Thema hat in den letzten Jahren zugenommen. So wurden in einer zusätzlichen Untersuchung von 119 Tierarten – darunter Katzen, Papageien, Affen sowie Fische und Reptilien – interessante Ergebnisse erzielt. Hierbei stellte sich heraus, dass rund ein Drittel der Arten keine klare Seitenpräferenz zeigte, während über zwei Drittel eine spezifische Seite favorisierten. Haustiere, wie Katzen und Hunde, weisen ebenfalls deutliche Präferenzen auf. Über 75% der Katzen sind entweder rechtspfotig oder linkspfotig, während mehr als zwei Drittel der Hunde eine bestimmte Pfote bevorzugen.
Einblicke in die Tierwelt
Besondere Beispiele von Seitenpräferenzen in der Tierwelt sind ebenfalls aufgefallen. So zeigen Lederschildkröten eine klare Vorliebe für ihre rechte hintere Flosse, wenn sie Eier legen, während Gazami-Krabben Muscheln vorzugsweise mit ihrer rechten Schere öffnen. Tintenfische hingegen verwenden häufig einen speziellen Arm, um nach Futter zu greifen. Haustierhalter können die Pfotenpräferenz ihrer Tiere durch sogenannte „Food Reaching“-Aufgaben ganz konkret testen.
Diese Erkenntnisse haben nicht nur Bedeutung für die Biologie, sondern auch für das Verständnis von kognitiven Funktionen und der menschlichen Evolution. Laut einem Review von George F. Michel et al., wie in pubmed.ncbi.nlm.nih.gov näher erläutert, spiegelt die Handpräferenz sensorimotorische Fähigkeiten wider, die mit der Entwicklung der hemisphärischen Lateralisation verbunden sind. Solche Forscherarbeiten zeigen, dass die Entwicklung von Lateralisation sowie Händigkeit auf eine komplexe Interaktion von genetischen und umweltbedingten Faktoren zurückzuführen ist.
Insgesamt gibt es ermutigende Ansätze und neue Studiendesigns, die dazu beitragen können, die Evolution und Entwicklung motorischer Präferenzen sowohl bei Menschen als auch bei Tieren besser zu verstehen. Dieser interdisziplinäre Austausch ist von zentraler Bedeutung, um die Mechanismen hinter diesen Präferenzen zu entschlüsseln und ihre Auswirkungen auf Verhalten und Kognition weiter zu erforschen.