
Am 16. September 2025 wird an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) eine neue Datenbank zum Thema Antisemitismus im europäischen Rechtssystem vorgestellt. Diese Datenbank ist Teil des DFG-geförderten Projektes „Seeing Antisemitism Through Law“ und umfasst rund 1000 Gerichtsfälle aus Polen, Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Die Präsentation findet am 25. September von 15:00 bis 19:00 Uhr im Senatssaal der Universität statt. Interessierte können die Veranstaltung auch online über Zoom verfolgen.
Die Einführungsrede wird von Dr. Reut Yael Paz gehalten, die als hauptverantwortliche Forscherin für das Projekt auftritt. In zwei Diskussionsrunden werden internationale Forschende und Praktiker*innen über die Verhandlung von Antisemitismus vor europäischen Gerichten sprechen. Dabei werden Erkenntnisse aus Forschung, Interessenvertretung sowie Strafverfolgung und Rechtspraxis präsentiert. Das detaillierte Programm und der Link zur Online-Teilnahme sind auf der Webseite der Universität verfügbar. Der Eintritt ist frei, jedoch ist eine Anmeldung per E-Mail an SATL@europa-uni.de bis zum 20. September erforderlich.
Rechtlicher Umgang mit Antisemitismus
Die aktualisierte Diskussion um Antisemitismus ist nicht nur in der rechtlichen Auseinandersetzung, sondern auch in der Gesellschaft von großer Bedeutung. Der Anschlag auf die Synagoge in Halle im Jahr 2019 sowie der Angriff der Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung im Oktober 2023 haben zu einem signifikanten Anstieg antisemitischer Vorfälle in Deutschland geführt. Diese Entwicklungen verdeutlichen, dass der rechtliche Umgang mit Antisemitismus als gesamtgesellschaftliches Phänomen betrachtet werden muss, das eine Gefahr für die jüdische Gemeinschaft und die demokratische Gesellschaft darstellt.
Die rechtliche Auseinandersetzung hat historische Wurzeln, da Jurist:innen während des Nationalsozialismus maßgeblich zur Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden beitrugen. Auch nach 1945 blieben personelle und sachliche Kontinuitäten in der Justiz bestehen, und antisemitische Einstellungen waren weiterhin in der Bevölkerung präsent. Jüdinnen und Juden unterlagen jahrhundertelang spezifischen Gesetzen und erhielten erst im 19. Jahrhundert umfassendere Rechte, was die Dringlichkeit eines interdisziplinären Dialogs im rechtlichen Diskurs unterstreicht.
Herausforderungen und Perspektiven
Der rechtliche Diskurs um Antisemitismus ist häufig auf die NS-Ideologie beschränkt. Aktuelle Erscheinungsformen werden oft nicht ausreichend wahrgenommen. Jüdische Perspektiven sind in den rechtlichen Diskussionen oftmals unterrepräsentiert, was zu einer Enttäuschung unter Betroffenen führt. Diese berichten von einer geringen Anzeigebereitschaft, die auf psychischen Belastungen und einer oft als gering eingeschätzten Erfolgsaussicht beruht.
Die Notwendigkeit eines kontinuierlichen Diskurses über Antisemitismus im rechtlichen Kontext ist unumstritten. Das Antidiskriminierungsrecht könnte hierbei als wertvolles Instrument dienen, um sowohl antisemitismuskritisches Wissen als auch die Perspektiven der Betroffenen zu integrieren. Der Umgang mit Antisemitismus im Recht darf nicht nur die Spannungen zwischen Freiheit und Gleichheit thematisieren, sondern muss auch den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen gerecht werden.
Für weitere Informationen zur Veranstaltung und zur neuen Datenbank besuchen Sie bitte die Webseite der Europa-Universität Viadrina und die Kommentierung auf bpb.de. Zudem sind umfassende rechtliche Informationen unter eur-lex.eu verfügbar.