
Eine neue Studie der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, die in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Hochschule Hannover durchgeführt wird, untersucht die komplexen Mechanismen der Esssucht und deren Beitrag zur Adipositas. Adipositas, die heute ein bedeutendes globales Gesundheitsproblem darstellt, betrifft in Deutschland etwa 19% der Bevölkerung, was einem Body-Mass-Index (BMI) von ≥ 30 kg/m² entspricht. Die Studie zielt darauf ab, ein besseres Verständnis der Suchtmechanismen zu erlangen, die hinter diesem weit verbreiteten Phänomen stehen, da viele Gewichtsreduktionsmaßnahmen oft nur kurzfristige Erfolge zeigen und die Betroffenen häufig wieder an Gewicht zunehmen. Diese Forschung wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und wirft ein Schlaglicht auf die Notwendigkeit maßgeschneiderter Interventionen für spezifische Patientengruppen.
Die Rekrutierung von Teilnehmenden für die Studie, die im Frühjahr 2025 beginnen soll, hat bereits begonnen. Gesucht werden Personen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren, die einen BMI von ≥ 30 kg/m² aufweisen und über gute Deutschkenntnisse verfügen. Der Ablauf für die Teilnehmenden umfasst ein einstündiges Online-Interview, eine dreistündige Labortestung und ein digitales Follow-up nach sechs Monaten. Für die Teilnahme winkt eine Aufwandsentschädigung von 12 Euro pro Stunde; Psychologiestudierende können zudem bis zu 5 Stunden Versuchspersonenstunden verdienen.
Psychologische Aspekte von Esssucht und Adipositas
Bereits bekannte psychologische Mechanismen, die mit Adipositas einhergehen, sind die Binge-Eating-Störung (BES) und die sogenannte „Food Addiction“ (FA). Die Binge-Eating-Störung ist die häufigste psychische Störung bei Menschen mit Adipositas und ist geprägt von Kontrollverlust über das Essverhalten sowie negativen emotionalen Konsequenzen. Food Addiction hingegen beschreibt Verhaltensmuster, die bei den Betroffenen ähnliche Reaktionen wie bei Substanzkonsumstörungen hervorrufen können, einschließlich starkem Verlangen und Kontrollverlust in Bezug auf bestimmte Lebensmittel.
Die vorliegende Studie wird wichtige Erkenntnisse zu den Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen BES und FA gewinnen. In einem innovativen Studiendesign werden vier Gruppen mit insgesamt 360 Teilnehmenden untersucht: „Adipositas+FA+BES“, „Adipositas+FA“, „Adipositas+BES“ und „Adipositas“. Die Diagnosen basieren auf den Kriterien des ICD-11, wobei die Kriterien für Food Addiction an Lebensmittel angepasst werden. Es besteht ein klarer Forschungsbedarf zur Differenzierung der psychologischen Prozesse, die den beiden Störungen zugrunde liegen. Erste Hinweise deuten darauf hin, dass FA mit einem stärkeren Verlangen nach nahrungsbezogenen Reizen korreliert, während BES besonders mit Defiziten in der Emotionsregulation in Verbindung steht.
Zusammenfassend zielt das Projekt darauf ab, die möglichen nahrungsspezifischen Suchtmechanismen und deren Auswirkungen auf die nahrungsbezogene Inhibitionskontrolle besser zu verstehen. Für Rückfragen zur Studie steht Anna Lovis Muckel telefonisch unter 0951/863-2010 sowie per E-Mail zur Verfügung. Weitere Informationen und ein Anmeldeformular sind auf der Studienseite zu finden. Der Medienkontakt für Presseanfragen ist Hannah Fischer, erreichbar unter 0951/863-1445 sowie per E-Mail.
Durch diese detaillierte Forschung hoffen Wissenschaftler, langfristigere und effektivere Wege zur Bekämpfung von Adipositas und zu einer verbesserten Lebensqualität für Betroffene zu finden. Die vielschichtigen Mechanismen, die hierbei eine Rolle spielen, erfordern eine differenzierte Betrachtung, um den Herausforderungen der Adipositas wirksam zu begegnen.