
Die Herausforderung der Darmkrebserkrankungen bleibt eine bedeutende Hürde in der onkologischen Forschung und Behandlung. Experten betonen die Dringlichkeit, neue Ansätze zu entwickeln, um die Heilungschancen bei Darmkrebs zu erhöhen. Laut der Pädagogischen Universität Frankfurt ist Darmkrebs behandelbar, wenn er frühzeitig erkannt und vollständig operiert wird. Bei über 15-20% der Patienten, die an schwieriger zu behandelndem Darmkrebs leiden, werden Immuntherapien als vielversprechende Therapieoption angesehen.
Im Rahmen des neuen Transregio-Sonderforschungsbereichs TRR 417, der von der DFG mit rund 17,7 Millionen Euro für vier Jahre gefördert wird, arbeiten die Goethe-Universität Frankfurt, die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg zusammen. Diese Forschungskooperation ist darauf ausgerichtet, das Tumor-Mikromilieu von Darmtumoren genauer zu untersuchen, mit dem Ziel, therapeutische Ansätze zu verbessern. Ein zentrales Augenmerk liegt auf dem defekten DNA-Reparatursystem von Tumoren, das als mikrosatelliteninstabil bekannt ist. Diese Instabilität könnte den Tumoren womöglich bessere Chancen für die Immuntherapie bieten, indem Immuncheckpoint-Inhibitoren die Schutzhülle des Tumors neutralisieren, um T-Zellen zu aktivieren.
Neue Erkenntnisse zu Mikrosatelliten-stabilem Krebs
Ein aktueller Fokus der Forschung liegt auf mikrosatelliten-stabilem kolorektalem Karzinom (MSS CRC), der häufigsten Form von Darmkrebs, die derzeit nur eingeschränkt mit modernen Immuntherapien behandelt werden kann. Ein Team der MedUni Wien hat in einer Studie veröffentlicht in „Nature Communications“ mögliche Ursachen für das Therapieversagen bei diesen Patienten identifiziert. Besonders im Vordergrund steht die Rolle der yẟ T-Zellen, die in Verbindung mit Immunstörungen bei Darmkrebs bisher wenig erforscht wurden. Diese Zellen scheinen nicht ausreichend zu funktionieren, um aktiv gegen die Krebszellen vorzugehen.
Die Studie legt nahe, dass die Bindegewebszellen oder Fibroblasten die Aktivität der yẟ1+ T-Zellen blockieren und somit die Immunantwort schwächen. Eine Hemmung des Moleküls TIGIT auf den Vẟ1+ T-Zellen könnte hierbei helfen, die Blockade zumindest teilweise aufzuheben. Das bedeutet, dass von den 85-90% der Kolorektalen Karzinome, die mikrosatelliten-stabil sind, viele möglicherweise von dieser neuen Erkenntnis profitieren könnten.
Einfluss des Mikrobioms auf Immuntherapien
Ein weiterer innovativer Ansatz zur Verbesserung der Immuntherapien kommt aus Tübingen. Der ERC Consolidator Grant wurde an Prof. Dr. Christoph Stein-Thoeringer verliehen, der die Rolle von Darmmikroben in der Therapie von Krebs untersuchen soll. Seine Forschung konzentriert sich auf die CAR-T-Zell-Therapie, eine neuartige Immuntherapie, bei der T-Zellen gentechnisch verändert werden, um Tumorzellen spezifisch zu bekämpfen. Trotz maßgeblicher Erfolge bei Lymphomen zeigen etwa 60% der Patienten ein Rezidiv ihrer Erkrankung. Diese Zahl verdeutlicht den Bedarf, die Effektivität der Behandlung durch das Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Darmmikroben, Immunzellen und CAR-T-Zellen weiter zu steigern.
Prof. Stein-Thoeringer und sein Team haben bereits Hinweise gefunden, dass bestimmte Darmbakterien die Vorhersage des Therapieerfolgs ermöglichen könnten. Das Projekt wird über fünf Jahre mit rund zwei Millionen Euro gefördert und ist Teil des Tübinger Exzellenzclusters „Controlling Microbes to Fight Infections“.
Zusammenfassend ist es klar, dass die Erforschung des Darmmikrobioms, kombinierte Ansätze in der Grundlagenforschung und eine komplexe Betrachtung des Tumormikromilieus unerlässlich sind, um die zukünftigen Überlebenschancen von Patienten mit Darmkrebs zu verbessern. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit dieser Forschungsprojekte könnte möglicherweise den Schlüssel zur Transformation der Therapiestandards darstellen.