
Der Neutrino-Detektor IceCube, der sich am Südpol befindet und bis zu 2,5 Kilometer tief in das Eis reicht, ist seit 2009 im Einsatz, um die Quellen der kosmischen Strahlung zu erforschen. Wissenschaftler, darunter auch Forscher von der Ruhr-Universität Bochum, haben dabei die Herausforderung, dass die meisten detektierten Neutrinos aus der Erdatmosphäre stammen. Diese Tatsache macht es schwierig, die kosmischen Quellen eindeutig zu identifizieren. Neutrinos sind als „Geisterteilchen“ bekannt, da sie durch Materie dringen, ohne mit ihr zu wechselwirken. Doch IceCube hat kürzlich einen bedeutenden Fortschritt gemacht: Ein extrem energiereiches kosmisches Neutrino wurde mit einer Energie von 220 Petaelektronenvolt detektiert, was das 22-Billiardenfache der Energie eines Elektrons entspricht. Diese Entdeckung wurde vom Kilometre Cube Neutrino Telescope (KM3NeT) im Mittelmeer erfasst und stellt einen neuen Rekord in der Neutrino-Astronomie dar, nachdem IceCube zuvor Neutrinos mit 6,5 Petaelektronenvolt und 10 Petaelektronenvolt detektieren konnte.
Forscherinnen und Forscher arbeiten weiterhin intensiv daran, die Herkunft dieser Neutrinos zu bestimmen. Der Ursprung des kürzlich detektierten Neutrinos und der Prozess seiner Erzeugung sind derzeit unklar, mögliche Quellen könnten aktive supermassereiche Schwarze Löcher oder Supernova-Explosionen sein. Geladene Teilchen, wie Protonen, werden durch Magnetfelder abgelenkt, was die Rückverfolgung ihrer Herkunft erschwert. Prof. Dr. Anna Franckowiak, die die Arbeitsgruppe für Multi-Wellenlängen- und Multi-Messenger-Astronomie leitet, hofft auf die Entdeckung einer Supernova in der Milchstraße, die eine große Anzahl an Neutrinos erzeugen könnte.
Verbesserung der Detektionsmethoden
Um die Detektion und Analyse von Neutrinos zu verbessern, ist das Team von IceCube dabei, neue Technologien zu entwickeln. Im Rahmen der Gen2-Vorphase des IceCube-Upgrades, das bis 2024 abgeschlossen sein soll, werden intelligente Auslesesysteme für die Datenübermittlung sowie neue, leistungsfähigere optische Sensoren entwickelt. Diese Sensoren können fast dreimal so viel Licht sammeln wie die aktuellen Modelle. Die Verwendung von 24-Pixel-Sensoren anstelle von Ein-Pixel-Sensoren und Wellenlängenschiebern zur Verbesserung der Lichtdurchlässigkeit sind weitere Fortschritte, die erwartet werden.
Zudem kommen Methoden des maschinellen Lernens zum Einsatz, um Neutrino-Ereignisse effizienter zu klassifizieren. Diese Technologien ermöglichen eine beschleunigte Filterung relevanter Daten aus den Messungen, wodurch das Team in der Lage ist, auch schwache Signale besser sichtbar zu machen. 2023 gelang es, das Neutrino-Signal der Milchstraße sichtbar zu machen, was ein bedeutender Schritt in der Forschung ist.
Die Herausforderung der kosmischen Strahlung
Trotz der Erfolge hat IceCube in der Vergangenheit keine Neutrino-Quelle mit der erforderlichen Signifikanz entdeckt. Eine Quelle wird erst dann als nachgewiesen betrachtet, wenn die Wahrscheinlichkeit einer kosmischen Herkunft bei 1:1,7 Millionen liegt (5 Sigma). Bisher wurde ein Neutrino mit 3 Sigma Wahrscheinlichkeit einem Blazar zugeordnet, andere Neutrinos, die in 2022 und 2023 detektiert wurden, hatten Wahrscheinlichkeiten von 3,2 Sigma bzw. 4,2 Sigma, die mit einem aktiven Galaxienkern in Verbindung gebracht wurden. Dennoch bleibt die Suche nach den Ursprung dieser Teilchen eine zentrale Herausforderung.
Die Kombination der Ergebnisse aus verschiedenen Forschungsprojekten, wie die genannte Zusammenarbeit mit dem KM3NeT und den verbesserten Detektionsmethoden, könnte in Zukunft Licht auf das mysteriöse Verhalten der kosmischen Strahlung werfen. Die Forscher sind zuversichtlich, dass die weiteren Entwicklungen im IceCube-Experiment einen entscheidenden Beitrag zu unserem Verständnis des Universums leisten werden.