
Auf dem deutschen Arbeitsmarkt zeigen sich positive Entwicklungen hinsichtlich der Niedriglohnquote. Aktuelle Analysen des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen belegen, dass das Risiko, in Deutschland einen Niedriglohn zu erhalten, zwischen 2021 und 2022 um beinahe zwei Prozentpunkte auf nunmehr 19% gesunken ist. Der Hauptgrund für diesen Rückgang wird in der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro im Jahr 2022 gesehen. Diese Maßnahme hat spürbare Auswirkungen, insbesondere in Westdeutschland, wo das Niedriglohnrisiko von 19,9% auf 17,9% gefallen ist. Diese Auswertungen stammen aus der Arbeit von Dr. Thorsten Kalina vom IAQ und bilden den Rahmen für die umfassenden Forschungsarbeiten zu diesem Thema.uni-due.de
Eine bedeutende Erkenntnis dieser Forschung ist der Rückgang des Niedriglohnrisikos über verschiedene Beschäftigtengruppen hinweg. Während das Risiko in Deutschland insgesamt von 20,9% auf 19% fiel, bleibt festzustellen, dass bestimmte Gruppen, wie etwa Migrant:innen und zeitlich befristet Beschäftigte, ebenfalls von einem gesunkenen Niedriglohnrisiko profitierten. Andererseits war der Rückgang bei Geringqualifizierten, Frauen, Jüngeren, Älteren und Minijobber:innen unterdurchschnittlich. Im Gegensatz dazu erlebten Hochqualifizierte sowie Männer und sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen überdurchschnittlichen Rückgang des Niedriglohnrisikos.
Ein Rückblick und künftige Herausforderungen
Der Höchststand der Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland wurde zwischen 2009 und 2011 ermittelt, mit einem Anteil von rund 24%. Erstmals seit 2018 wurde nun ein Rückgang der Niedriglohnbeschäftigung verzeichnet. Dennoch bleibt unklar, inwiefern eine erneute Erhöhung des Mindestlohns das Niedriglohnspektrum weiter verkleinern kann. Arbeitsmarktforscher weisen darauf hin, dass die Tarifbindung einen bedeutenderen Einfluss auf die Niedriglohnbeschäftigung hat als die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns. Daher wird eine Ausweitung der Tarifbindung als wichtiger Schritt zur Verringerung des Niedriglohnsektors empfohlen.sozialpolitik-aktuell.de
Zusätzlich zeigt eine Auswertung der aktuellen Niedriglohnquote, dass im April 2023 rund 16% der Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland unter die Niedriglohngrenze fallen, die bei 13,04 Euro brutto pro Stunde liegt. Der Rückgang im Vergleich zu 2018 ist erheblich, wo der Anteil noch bei 21% lag. In den neuen Bundesländern beträgt der Anteil der Niedriglohnjobs 18%, während im früheren Bundesgebiet 16% der Arbeitsverhältnisse in die Kategorie Niedriglohn fallen. Die Geschlechterverteilung zeigt, dass 19% der Frauen und 13% der Männer Niedriglöhne beziehen. Besonders betroffen sind junge Beschäftigte unter 25 Jahren sowie ältere Arbeitnehmer über 65 Jahre, von denen 40% bzw. 37% in Niedriglohnverhältnissen arbeiten.
Branchenspezifische Ermittlungen und Ausbildungsrelevanz
Auffällig ist auch der hohe Anteil an Niedriglöhnen im Gastgewerbe, wo 51% der Beschäftigten von Niedriglöhnen betroffen sind. Weitere Branchen, die hohe Niedriglohnanteile aufweisen, sind die Land- und Forstwirtschaft sowie die Fischerei mit 43%, die Kunst, Unterhaltung und Erholung mit 36% sowie die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen mit 31%. Der Zusammenhang zwischen Ausbildungsniveau und Niedriglohn ist ebenso signifikant: 37% der Beschäftigten ohne Berufsausbildung erhalten Niedriglöhne, während dieser Anteil bei Personen mit einer Berufsausbildung auf 15% und bei Hochschulabsolventen sogar nur auf 6% sinkt.destatis.de
Die vorliegenden Ergebnisse basieren auf der Verdiensterhebung im April 2023 und bieten einen klaren Überblick über die aktuelle Arbeitsmarktsituation in Deutschland. Sie verdeutlichen, dass trotz positiver Entwicklungen noch erhebliche Herausforderungen bestehen, insbesondere in Bezug auf bestimmte Beschäftigtengruppen und Branchen.