
Am 23. Mai 2025 fand im Rahmen eines Schnuppercamps an der medizinischen Hochschule Berlin eine spannende Präsentation statt. Zwei Masterstudentinnen des Studiengangs Rechtspsychologie, Bela Bentfeld und Marlene Engelbrecht, stellten das Thema „Rechtspsychologie live – Wie Studierende Sexualstraftäter erforschen“ vor. Dabei lag der Fokus auf dem innovativen COMBAT-Projekt („Charakteristika von Online-Missbrauchsabbildungs-Tätern“). Unter der Kooperation mit der Charité, der Justizvollzugsanstalt Tegel und der Berliner Bewährungshilfe wird das Projekt durchgeführt, um ein tieferes Verständnis für die Gedanken, Emotionen und Handlungsmuster von Männern, die wegen des Besitzes oder der Verbreitung von Missbrauchsabbildungen verurteilt wurden, zu erlangen. Diese wertvolle Forschung zielt darauf ab, passgenaue Therapie- und Präventionsansätze zu entwickeln.
Während ihrer Präsentation berichteten Bentfeld und Engelbrecht von ihren persönlichen Erfahrungen in Interviewsituationen sowie der Auswertung standardisierter Fragebögen. Diese Arbeiten thematisieren unter anderem den Zusammenhang zwischen Schuld, Scham und Rückfallrisiko. Ein weiterer Aspekt ist die Verharmlosung sexueller Gewalt durch kognitive Verzerrungen. Das große Interesse der Teilnehmenden unterstreicht die hohe Relevanz der Forschungsfragen innerhalb der Rechtspsychologie, die eine enge Verknüpfung von Forschung und Praxis zeigt. Diese Initiative symbolisiert die aktuelle Tendenz, Wissenschaft und Anwendungsbereiche enger miteinander zu verknüpfen.
Forschung und Praxis im Dialog
Die Datenerhebung für das COMBAT-Projekt erfolgt in Haftanstalten sowie in der Bewährungshilfe. Die gewonnenen Daten werden wissenschaftlich analysiert und auf Fachkonferenzen präsentiert. So wird die nächste Tagung der Fachgruppe Rechtspsychologie im September in München stattfinden, auf der die neuesten Erkenntnisse aus diesem Fachgebiet vorgestellt werden.
Prof. Dr. Robert Lehmann, Inhaber der Professur für Rechtspsychologie, gilt als wissenschaftliche Ansprechperson für das Projekt und die damit verbundenen Forschungsfragen. Diese durchdachte Strukturierung und Planung ist entscheidend, da die Rechtspsychologie in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Sie beschäftigt sich mit der Schnittstelle zwischen rechtlichen und psychologischen Aspekten – unter Berücksichtigung von Themen wie Schuld und Verantwortung.
Ein kritischer Blick auf die Gesellschaft zeigt, dass Sexualstraftaten häufig medial diskutiert werden und drakonische Strafen gefordert sind. Trotz der Tatsache, dass solche Verbrechen nur einen kleinen Teil der Gesamtverbrechen ausmachen, wird durch reißerische Buchtitel wie „Bestie Mensch“ eine Entmenschlichung der Täter angestrebt. Im internationalen Vergleich gibt es in einigen deutschen Bundesländern eine restriktive Praxis, die im Vordergrund steht, während in den USA geplante Maßnahmen die Integration von Sexualstraftätern stark einschränken. Human Rights Watch weist in ihrer Publikation „No Easy Answers. Sex Offender Laws in the US“ auf diese Problematik hin.
Die moderne Rechtspsychologie hat sich von der klassischen forensischen Psychologie emanzipiert und umfasst auch juristische Aspekte von psychologischen Konzepten wie „Wille“, „Verantwortlichkeit“ und „Vorsatz“. Diese Entwicklungen unterstützen die Rechtsanwendung und das subjektive Empfinden von Recht in einer sich wandelnden Gesellschaft.
Ein neues Handbuch zur Rechtspsychologie bietet einen umfassenden Überblick über das Fachgebiet und ist systematisch aufbereitet, mit gut verständlichen Texten. Dieses Handbuch, herausgegeben von Joachim Koch, Renate Volbert und Max Steller, wurde 2008 von Hogrefe in Göttingen veröffentlicht und umfasst 649 Seiten. Der Preis liegt bei 59,95 Euro.