
Am 13. September 2025 wurde die Kommission „Reproduktive Gerechtigkeit“ durch den Deutschen Juristinnenbund ins Leben gerufen. Angeführt von Liane Wörner, Professorin an der Universität Konstanz, zielt die Kommission darauf ab, juristische Fragestellungen zur selbstbestimmten Familien- und Nachwuchsplanung zu klären. Wörner, die bereits in der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin tätig war, betont, dass das Konzept der „Reproduktiven Gerechtigkeit“ über medizinische Maßnahmen hinausgeht und auch rechtliche Grundlagen zur reproduktiven Freiheit umfasst. Die Liste der Kernthemen der Kommission ist umfassend und umfasst unter anderem die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuchs und die Prüfung der Leihmutterschaft.
Zusätzlich sollen der gleichberechtigte Zugang zu reproduktiver Unterstützung und familienrechtliche Fragen zu Abstammung sowie Adoption behandelt werden. Laut Wörner wird die Kommission auch Expertenmeinungen aus unterschiedlichen Rechtsbereichen einbeziehen, insbesondere dem Verfassungsrecht, Strafrecht, Sozialrecht und Familienrecht.
Historischer Kontext reproduktiver Rechte
Die Diskussion um reproduktive Rechte hat tiefe historische Wurzeln, die bis zur Frauenbewegung im Kaiserreich und der Weimarer Republik zurückreichen. Forderungen nach Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs, Hebammenversorgung und Mutterschutz sind einige der zentralen Punkte, die heute unter dem Begriff der „reproduktiven Rechte“ bekannt sind. Viele dieser Anliegen wurden in der zweiten Frauenbewegung ab den 1960er Jahren erneut aufgegriffen, allerdings sind sie bis heute nicht vollständig umgesetzt, wie die bpb.de feststellt.
Reproduktive Gerechtigkeit wird nicht nur als ein bloßes Recht auf Schwangerschaftsabbruch betrachtet, sondern umfasst auch den Zugang zu Informationen über sexuelle und reproduktive Rechte, sichere Geburten sowie den Schutz für Schwangere. Diese komplexen Themen erfordern eine kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Normen, die oft unter dem Einfluss kolonialrassistischer und eugenischer Ideen stehen, die in manchen feministischen Bewegungen nicht ausreichend thematisiert wurden.
Aktuelle Herausforderungen und Anforderungen
In Deutschland sind reproduktive Menschenrechte in internationalen Konventionen verankert, die das Recht auf Selbstbestimmung garantieren. Dennoch wird der deutsche Rechtsdiskurs oft als nicht menschenrechtsfreundlich wahrgenommen, was zur Missachtung dieser Rechte führt. Obwohl das Grundgesetz wichtige Prinzipien wie gesundheitliche, persönliche und gesellschaftliche Gleichheit festlegt, bleibt die praktische Umsetzung unzureichend.
Die Kommission unter Wörner zielt darauf ab, rechtliche Maßnahmen zu entwickeln, um die aktuelle Versorgungs- und Rechtslage zu unterstützen und somit Diskriminierung aufgrund von Rasse, Geschlecht oder Behinderung zu bekämpfen. Wörner verweist darauf, dass eine gesellschaftliche und politische Transformation notwendig ist, um reproduktive Gerechtigkeit zu erreichen und damit die Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen zu fördern.
In Anbetracht der teils dunklen Geschichte der Bevölkerungspolitik in Deutschland, insbesondere während des Nationalsozialismus, ist es unumgänglich, dass solche Diskussionen auch ethische Fragestellungen und historische Errungenschaften in den Blick nehmen, um ein zukunftsfähiges Zusammenleben zu gewährleisten.
Die neu gegründete Kommission steht somit nicht nur für einen juristischen, sondern auch für einen gesellschaftlichen Wandel auf dem Weg zu einer gerechteren Welt für alle Menschen, besonders im Bereich der reproduktiven Gerechtigkeit.