
Die RNA-Forschung hat in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen, insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung von RNA-Impfstoffen gegen COVID-19. Diese technologischen Fortschritte haben dazu geführt, dass in den letzten vier Jahren drei Nobelpreise für Arbeiten im Bereich der RNA-Forschung vergeben wurden. Ein zentraler Aspekt dieser Forschung ist das Verständnis, dass RNA-Moleküle nicht nur für die Proteinproduktion zuständig sind, sondern auch an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sein können. Die Möglichkeit, therapeutisch auf RNA einzuwirken, hat das Potenzial, die Medizin der Zukunft zu revolutionieren.
Eine entscheidende Rolle spielt hierbei die CRISPR-Technologie, die neue Wege in der RNA- und Genforschung eröffnet. Insbesondere die Messenger-RNAs (mRNAs) sind mittlerweile gut erforscht, jedoch bleibt bei den nicht-codierenden RNAs noch viel zu klären. Der Exzellenzcluster NUCLEATE zielt darauf ab, einen erheblichen Beitrag zur Weiterentwicklung der RNA-Forschung zu leisten und neue Ansätze in der Medikamentenentwicklung zu fördern.
Wachstum und Herausforderungen in der RNA-Forschung
Die Erwartungen an nukleinsäurebasierte Medikamente sind hoch. In der aktuellen medizinischen Landschaft gibt es drei Hauptklassen von Wirkstoffen: niedermolekulare Substanzen, Biologicals und bald auch nukleinsäurebasierte Arzneimittel. Diese innovativen Therapien könnten eine breitere Einflussnahme auf die Gene und die RNA-Vorstufen von Proteinen ermöglichen, was die Behandlung von Krankheiten deutlich verbessert. Derzeit sind weniger als 3000 Wirkstoffe zugelassen, die lediglich an etwa 600 der 20.000 verschiedenen Proteine im menschlichen Körper binden.
Eine der größten Herausforderungen bei der Entwicklung von RNA-basierten Medikamenten liegt in der gezielten und unbeschädigten Lieferung dieser Therapeutika an ihren Wirkungsort. Fortschritte in der gezielten Wirkung sind bereits zu verzeichnen, wie etwa ein Wirkstoff, der speziell auf eine microRNA in Immunzellen abzielt. Die Forschung zu Nukleinsäuren wird nicht nur an der Technischen Universität München (TUM), sondern auch in anderen Disziplinen wie der Virologie und Bioinformatik betrieben. Besonders hervorzuheben ist das deutschlandweit einzigartige Konsortium CNATM, das sich auf Nukleinsäure-Therapeutika spezialisiert hat, und in München sowie Bayern zahlreiche Unternehmen und Forschungseinrichtungen umfasst.
München gilt als ein Zentrum für Innovation in der Nukleinsäureforschung, unterstützt durch eine hohe Dichte an kleinen und mittleren Unternehmen, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Experten aus Bereichen wie Immunologie und chemischer Strukturforschung leisten bedeutende Beiträge zu den Entwicklungen in der RNA-Forschung.
CRISPR-Technologie als Wendepunkt für genetische Erkrankungen
Ein bemerkenswerter Aspekt der aktuellen Forschung ist die Anwendung der CRISPR/Cas9-Technologie, die als Genschere ein wichtiges Werkzeug in der biologischen Forschung darstellt. Diese Technik ermöglicht es, spezifische Gene eines Organismus gezielt auszuschalten, um deren Funktionen zu untersuchen. Nachdem sie zunächst erfolgreich bei Bakterien und Hefen eingesetzt wurde, zeigt sich das Potenzial auch in anderen Spezies wie Zebrafischen, Mäusen und pflanzlichen Modellen. Die Kosteneffizienz und der vereinfachte Prozess im Vergleich zu früheren Genome-Editing-Methoden machen CRISPR/Cas9 zu einem bevorzugten Ansatz in der Genforschung.
Ein praktisches Beispiel für den Einsatz von CRISPR ist die Arbeit von Simone Spuler, einer führenden Wissenschaftlerin am Max-Delbrück-Centrum (MDC). Ihr Schwerpunkt liegt auf erblichem Muskelschwund, insbesondere Muskeldystrophien, die durch Mutationen in verschiedenen Genen verursacht werden. Spulers Team entwickelt Verfahren zur Nutzung von mRNA als Genschere, die sich vielversprechend erweist. Anders als traditionelle DNA-Ansätze hat die mRNA die Fähigkeit, nach ein bis zwei Tagen abgebaut zu werden, wodurch Risiken der Integration in das Genom vermieden werden.
Obwohl die Forschung vielversprechende Ergebnisse liefert, stehen Wissenschaftler wie Spuler vor Herausforderungen bei der praktischen Anwendung, wie etwa der Transport der modifizierten RNA zu den Zielzellen. Aktuell planen sie klinische Studien zur Überprüfung dieser innovativen Therapien, auch wenn diese zunächst ohne direkten klinischen Nutzen für die Patienten durchgeführt werden.
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Grundlagenforschung wird als entscheidend erachtet, um weitere Fortschritte in der Medikamentenentwicklung zu erzielen. Zahlreiche Institutionen bemühen sich um die Integration der neuesten Technologien, wie der mRNA-Forschung, um so die Möglichkeiten in der Therapie von genetischen Erkrankungen grundlegend zu verbessern. Damit wird ein neues Kapitel in der Medizin aufgeschlagen, das viele Hoffnungen für die Zukunft weckt.