
Wissenschaftler*innen der Universität Paderborn haben bahnbrechende Fortschritte in der Quantenforschung gemacht. In einem neuen Projekt wurde eine kryogene Schaltung entwickelt, die dazu dient, Lichtquanten (Photonen) deutlich schneller zu steuern und zu manipulieren. Diese Innovation ist nicht nur für die Quanteninformatik von Bedeutung, sondern könnte auch in der Kommunikation und Simulation revolutionäre Anwendungen finden.
Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit wurden im Fachmagazin Optica veröffentlicht. Forscher*innen konnten Lichtpulse, bestehend aus einzelnen Photonen, aktiv manipulieren, was durch die Anwendung einer sogenannten „Feedforward-Operation“ ermöglicht wurde. Diese Methode erlaubt die Echtzeitmessung und Steuerung des Lichtstroms, wodurch bisherige technische Grenzen, die Zeitverzögerungen bei der Messung, Verarbeitung und Steuerung verursachten, erheblich reduziert wurden. Die neue Technologie schafft es, diese Verzögerungen auf weniger als eine Viertelmilliardstel Sekunde zu minimieren.
Technische Innovationen und Kooperationen
Ein Team unter der Leitung von Dr. Frederik Thiele und Niklas Lamberty aus der Arbeitsgruppe „Mesoskopische Quantenoptik“ nutzte modernste supraleitende Detektoren, um Lichtquanten präzise zu messen. Diese elektronische Schaltung operierte dabei bei extrem niedrigen Temperaturen von etwa -270 Grad Celsius, was entscheidend für die Verarbeitung der Signale ohne nennenswerte Verzögerung war. Zudem wurde festgestellt, dass die Schaltung weniger Wärme erzeugt, die für den Betrieb in Kryostaten von großer Bedeutung ist.
Zusammengelegt unter dem Projektname ARCTIC (»Advanced Research on Cryogenic Technologies for Innovative Computing«) zielt die Forschung darauf ab, eine europäische Versorgungskette für kryogene Photonik sowie Mikroelektronik aufzubauen. Dieses Vorhaben bezieht rund 36 europäische Spitzenforschungsinstitute, industrielle Fertigungseinrichtungen und Anwendungspartner mit ein. Gemeinsam arbeitet man an der Entwicklung skalierbarer IKT-Mikrosysteme, die für die Quantencomputerindustrie von zentraler Bedeutung sind.
Perspektiven für die Quantenkommunikation
Die schnelle und präzise Steuerung von Photonen hat nicht nur Auswirkungen auf die Quanteninformatik, sondern eröffnet auch vielversprechende Perspektiven für die Quantenkommunikation. Diese Technologie ermöglicht abhörsicheren Austausch von Schlüsseln für die Kodierung sicherheitsrelevanter Informationen. Im Gegensatz zu algorithmischen Kryptographieverfahren basiert die Sicherheit der Quantenkommunikation auf den physikalischen Prinzipien der Quantenverschränkung und des Superpositionsprinzips. Fraunhofer IOF, das mit Partnern aus Industrie und Wirtschaft zusammenarbeitet, entwickelt Grundlagen für Quantenkommunikationssysteme und optische Linktechnologien.
Eine besondere Rolle spielt hier das Projekt QuNET, dessen Ziel die Anwendung der Quantenkommunikation in Hochsicherheitsnetzen ist. In der ersten Phase des Projekts wird ein Schlüsselexperiment durchgeführt, das unter anderem einen Technologie-Demonstrator umfasst, der eine sichere Verbindung zwischen zwei Gebäuden über einen optischen Freistrahllink ermöglicht. Diese Entwicklungen könnten die Sicherheitsstandards in der modernen Kommunikation erheblich erhöhen.
Die Fortschritte in der Kryotechnologie und Quantenkommunikation stellen nicht nur einen technischen Meilenstein dar, sie zeigen auch die Möglichkeiten auf, die in der nächsten Generation von Quantenprozessoren und IKT-Anwendungen stecken. Die Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen und der Industrie wird entscheidend sein, um diese Technologien weiterhin zu entwickeln und in Anwendungen zu bringen.