
Die durch Krebs ausgelöste Energiekrise in Tumorzellen hat sich als möglicher Ansatzpunkt für neue Therapieansätze etabliert. Eine jüngst veröffentlichte Studie von Dr. Jan Dreute und Prof. Dr. Lienhard Schmitz von der Justus-Liebig-Universität Gießen zeigt, dass das gezielte Eingreifen in den Stoffwechsel von Tumorzellen signifikante Erfolge erzielt. In der Fachzeitschrift „Cell Death and Differentiation“ wird berichtet, dass Wachstum von etwa einem Drittel der über 100 getesteten Tumorzellen durch eine kombinierte Hemmung spezifischer Stoffwechselwege gestoppt werden kann. Dieses interdisziplinäre Projekt wurde von Wissenschaftlern aus Gießen, Marburg und Frankfurt am Main durchgeführt und erhielt Unterstützung durch das GRK 2573 der Deutschen Forschungsgemeinschaft, um die regionale Forschung zu vernetzen.
Der Schlüssel zu diesem neuen Therapieansatz liegt in der Kombination zweier Substanzen. Während eine Substanz den Abbau von Zucker verlangsamt, hat die zweite Substanz, Linrodostat, eine neuartige Wirkung: Sie stört die Zellatmung in Mitochondrien. Diese gleichzeitige Hemmung führt zu einem Mangel an Energie und Bausteinen für die Tumorzellen und stoppt damit deren Wachstum. Dr. Jan Dreute hebt die Relevanz dieses Mechanismus für zukünftige klinische Studien hervor.
Neue Erkenntnisse zur Glykolyse und Krebszellen
Zusätzliche Erkentnisse zur Metabolismus von Krebszellen stammen vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Almut Schulze und ihre Kollegen haben die Rolle des Enzyms Aldolase A in Leberkrebszellen untersucht. Ihre Forschung zeigt, dass die Blockade von Aldolase A zu einem „Energie-Stress“ führt, der die Teilungsaktivität von Leberkrebszellen stoppt. Diese Resultate wurden sowohl an Maus-Leberkrebszellen als auch an menschlichen Krebszelllinien bestätigt.
Obwohl die Glykolyse lange als der primäre Stoffwechselweg für Krebszellen galt—ein Phänomen bekannt als Warburg-Effekt—beweisen neuere Studien, dass diese Zellen flexibler mit Energiequellen umgehen können. Insbesondere die Blockade von Aldolase A führt zur Ansammlung von Fruktose-Bisphosphat, was die Zelle in einen energieverbrauchenden Zustand versetzt und letztlich zu einem massiven Energiemangel führt, der das Tumorwachstum hemmt.
Potenzial für zukünftige Therapien
Die Ergebnisse des DKFZ deuten darauf hin, dass eine gezielte Blockade von Aldolase A eine vielversprechende Strategie im Kampf gegen Krebs darstellen könnte. Obwohl der derzeit einzige verfügbare Hemmstoff von Aldolase A experimenteller Natur ist, zeigt sich das Potenzial, Krebszellen in die „Energiefalle“ zu treiben. Dies könnte zu hochspezifischen Therapien führen, die gezielt die Schwachstellen des Krebsstoffwechsels ausnutzen.
Zusammenfassend zeigt sich, dass die gezielte Beeinflussung des Metabolismus in Tumorzellen sowohl durch die Hemmung bestimmter enzymatischer Aktivitäten als auch durch Synergien zwischen verschiedenen Wirkstoffen ein vielversprechendes Forschungsfeld darstellt. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Institutionen in Mittelhessen, wie auch die Forschungsanstrengungen am DKFZ, stellen einen wichtigen Schritt in der Entwicklung neuer Krebstherapien dar, die auf diesen neuartigen Erkenntnissen basieren.