
Wissenschaftler der Universität Regensburg haben eine bahnbrechende Studie zur exakten räumlich-zeitlichen Kontrolle biochemischer Transformationen veröffentlicht. Diese Forschung beleuchtet die Rolle von Enzymen als Biokatalysatoren, die zelluläre Reaktionen beschleunigen und Substrate in Produkte umwandeln.
Enzyme, die aus Aminosäuren bestehen, zeigen eine strukturbedingte Funktionalität, die durch die jeweilige Abfolge der Aminosäuren bestimmt wird. Besonders entscheidend ist das aktive Zentrum eines Enzyms, welches sowohl die Substratbindung als auch die Katalyse ermöglicht. Interessanterweise können Substrate in zwei enantiomeren Formen vorkommen, wobei Enzyme typischerweise eine Enantioselektivität zeigen.
Innovative Modifikation durch Proteinengineering
Ein zentraler Punkt der Studie ist, dass Enzyme für industrielle und medizinische Anwendungen geeignet sind, jedoch oft gezielte Modifikationen erfordern. Hier kommt das Proteinengineering ins Spiel, das den Austausch von Aminosäuren zur Optimierung der Enzymaktivität ermöglicht. Die neuesten Techniken in diesem Bereich erlauben es, unnatürliche Aminosäuren (UAS) in Zellen zu verwenden. Diese photo-sensitiven UAS können strategisch in die aktiven Zentren der Enzyme eingebaut werden, um deren Aktivität zu kontrollieren.
Die Studie untersucht speziell das Enzym Phosphotriesterase (PTE), das in der Lage ist, toxische Substrate in ungiftige Produkte umzuwandeln. Durch UV-Bestrahlung eines mit photo-sensitiver Aminosäure modifizierten Enzyms konnte die Enantioselektivität verändert werden, was es ermöglichte, ein anderes Enantiomer zu binden und umzusetzen.
Neueste Forschungsergebnisse und ihre Auswirkungen
Die Ergebnisse stützen sich auf eine bioinformatische Analyse der Raumstruktur der PTE und der entsprechenden Veränderungen im aktiven Zentrum. Diese Forschung eröffnet neue Möglichkeiten für die pharmazeutisch-chemische Industrie. In enger Kooperation zwischen Prof. Reinhard Sterner, Prof. Till Rudack von der Universität Regensburg und Prof. Frank Raushel von der Texas A&M University wurde diese Studie realisiert. Die Originalpublikation ist unter dem Titel „Photo-Controlling the Enantioselectivity of a Phosphotriesterase via Incorporation of a Light-Responsive Unnatural Amino Acid“ in der Zeitschrift JACS Au erschienen
Parallel entwickelt ein Forscherteam der Forschungszentrum Jülich neue Methoden auf der Basis bestehender Deep-Learning-Algorithmen. Diese sind darauf ausgerichtet, die Vorhersage in der Enzymtechnik und der Enzymfunktionalklassifikation zu verbessern. Die Gruppe pflegt das Projekt TopEC, ein verbessertes Framework zur Enzymfunktionalklassifikation, das auf der TopEnzyme-Datenbank basiert.
Im Fokus dieser Forschung steht der Einsatz von 3D-Graph-Convolutional-Neural-Networks, um Substitutionseffekte auf die Enzymaktivität und -stabilität präzise vorherzusagen. Die Implementierung struktureller und sequenzbasierter Merkmale innerhalb dieser Netzwerke zielt darauf ab, die Stabilität von Proteinen zu erhöhen und die Enzymfunktionalklassifikation zu verbessern.
Die spannende Synergie zwischen biochemischer Theorie und modernen Technologien verspricht nicht nur Fortschritte in der Grundlagenforschung, sondern könnte auch weitreichende Implikationen für industrielle Anwendungen in der Enzymforschung haben.