
Die aktuellen Entwicklungen in Europa verdeutlichen eine alarmierende Zunahme der Spannungen zwischen Russland und der NATO. Am 11. September 2025 drangen 19 russische Drohnen in den polnischen Luftraum ein, was sofort Besorgnis erregte und als bewusste Provokation angesehen wird. Vier dieser Drohnen wurden durch NATO-Unterstützung abgeschossen. Dies geschah vor dem Hintergrund eines bereits angespannten Verhältnisses, das durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und aggressive Militärmanöver in der Region weiter angeheizt wurde. Experten vermuten, dass Russland mit diesen Aktionen die Widerstandsfähigkeit der NATO und der westlichen Verbündeten testen wollte, berichtet Universität Witten/Herdecke.
In einer Umfrage von Prof. Dr. Nils-Christian Bormann, einem führenden Konfliktforscher, schätzen 210 befragte Experten das Risiko eines militärischen Konflikts zwischen Russland und einem EU-Staat in den kommenden fünf Jahren auf ein Drittel. Diese Einschätzung entspricht der Wahrscheinlichkeit, bei einem Würfelwurf eine Eins oder Zwei zu würfeln. Darüber hinaus liegt die Wahrscheinlichkeit für einen Krieg mit mehr als 1.000 Toten bei fast ein Viertel. Diese Zahlen übertreffen die Prognosen üblicher politikwissenschaftlicher Modelle und verdienen besondere Beachtung.
Reaktionen und politische Konsequenzen
Nach dem Drohnenvorfall hat Polen beim UN-Sicherheitsrat eine Dringlichkeitssitzung beantragt. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk warnte eindringlich vor einem möglichen offenen Konflikt mit Russland. ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen kritisierte die schwache Reaktion von US-Präsident Donald Trump, der bisher keine klaren militärischen Maßnahmen angekündigt hat und somit als unzuverlässiger Partner innerhalb der NATO gilt. Ebenso stellte die Osteuropa-Expertin Sabine Adler fest, dass Trump den Vorfall nicht als kollektive Angelegenheit betrachtet.
Zu den laufenden Diskussionen über mögliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine äußerte sich Jan van Aken, der Bundesvorsitzende der Linken. Er bezeichnete den Drohnenvorfall als einen Test von Wladimir Putin und warnte vor einer möglichen Eskalation, sollte die NATO mit ähnlichen Mitteln reagieren. Van Aken plädierte für Verhandlungen und sprach sich gegen die Idee deutscher Bodentruppen in der Ukraine aus. Stattdessen regte er die Entsendung von UN-Blauhelmen zur Deeskalation an.
Militärische Aktivität und Strategien
In der Zwischenzeit lassen andere Vorfälle die Sorge über die russischen Aktivitäten wachsen. So hielten sich am 19. September drei russische Kampfjets 12 Minuten im estnischen Luftraum auf, bevor sie von der italienischen Luftwaffe zurück eskortiert wurden. Diese und andere Provokationen, wie die Überflüge von Drohnen über Rumänien und die Verletzung der Sicherheitszone um polnische Bohrinseln in der Ostsee, tragen zur angespannten Lage bei.
Die NATO hat ihre Ostflanke im Baltikum verstärkt und führt Manöver durch, um Abschreckung und die Einhaltung von Bündnisverpflichtungen sicherzustellen. Sicherheitsexpertin Claudia Major betont, dass Russlands Strategie auf Provokationen und hybride Kriegsführung abzielt. Europäische Geheimdienste hingegen warnen, dass Russland gegebenenfalls die Voraussetzungen für einen großmaßstäblichen konventionellen Krieg schaffen könnte.
Insgesamt wird das Risiko eines militärischen Konflikts zwischen Russland und den NATO-Staaten zunehmend als realistisch angesehen. Die Meinungen unter Politikwissenschaftlern und Historikern gehen auseinander, wobei Historiker das Risiko höher einschätzen und warnen, dass sich politische Spannungen in Gewalt umschlagen könnten, wie Deutschlandfunk berichtet.