
Ein Forschungsteam unter der Leitung des Meeresforschers Oliver Wurl ist mit dem Forschungsschiff Meteor im Atlantik unterwegs. Diese wissenschaftliche Expedition, die am 16. Juli 2025 ihren bisherigen Höhepunkt erreicht hat, begann im Juni in Nizza. Nach einem Aufenthalt im Mittelmeer und der Durchfahrt durch die Straße von Gibraltar, wo das Team von Delfinen begleitet wurde, befindet sich das Schiff nun südwestlich der Kanarischen Inseln. Der Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Salzgehalt in der obersten Schicht des Ozeans.
Der Salzgehalt ist ein entscheidender Faktor, der die Austauschprozesse zwischen Atmosphäre und Ozean beeinflusst. Durch Verdunstung steigt der Salzgehalt an, während Regen ihn verringert. Die Herausforderung besteht darin, die Süßwasserflüsse präzise zu messen. Das Ziel der Arbeitsgruppe „Prozesse und Sensorik mariner Grenzflächen“ ist es, den Salzgehalt als Indikator für Süßwasserflüsse zu nutzen, um das Verständnis des globalen Wasserkreislaufs und der Klimamodelle zu verbessern. Messungen werden sowohl in der Oberflächenschicht als auch bis in eine Tiefe von einem Meter durchgeführt.
Ziele und Methodik der Expedition
Die aktuelle Messkampagne „FRESH ATLANTIC“ hat bisher sechs von insgesamt 41 geplanten Tagen erfolgreich absolviert. Der Startpunkt war Nizza, das Ziel ist Ponta Delgada auf den Azoren. Diese Expedition hat das Ziel, Daten zu erheben, um den Süßwasseraustausch zwischen Ozean und Atmosphäre besser zu verstehen. Der Süßwasseraustausch wird als das Verhältnis von Verdunstung minus Niederschlag definiert. Ein besonderer Fokus liegt auf dem „Sea-Surface Microlayer“ (SML), einem marinen Oberflächenfilm von weniger als 1 mm Dicke, der die Austauschprozesse zwischen Ozean und Atmosphäre stark beeinflusst.
Um die Wissenslücken bei der Beobachtung der Süßwasserflüsse zu schließen, wird der Salzgehalt des SML als Indikator verwendet. Es sind drei Fokus-Regionen definiert: das westliche Mittelmeer, der östliche subtropische Atlantik und der tropische Atlantik. Diese Regionen wurden ausgewählt, um Verdunstungsmuster miteinander zu vergleichen. Die Datensammlung erfolgt ebenfalls durch den Einsatz autonomer Oberflächenfahrzeuge, darunter zwei Forschungs-Katamarane, Drifter, Drohnen und Wetterballons, die in einer internationalen Kooperation von Wissenschaftlern aus Deutschland, Frankreich und den USA unterstützt werden.
Wissenschaftler wie Prof. Meinhard Simon vom ICBM haben die Aufgabe, die Proben des SML sowie das darunterliegende Wasser mikrobiologisch zu charakterisieren. Unterstützt wird die Expedition außerdem von Rüdiger Röttgers vom Helmholtz-Zentrum HEREON, der Rückstreuung, Chlorophyll und Trübung bis in eine Tiefe von 200 Metern misst. Die Colorado State University und die University of Alabama Huntsville verwenden spezielle Drohnen für meteorologische Daten und Aerosoluntersuchungen. Der Deutsche Wetterdienst hilft mit Wetterballons, während Forscher wie Prof. Härter von der Universität Potsdam numerische Simulationen zur Meeresoberflächentemperatur und Windscherung durchführen.
Die aktuelle Phase der Expedition beinhaltet den Transit in den Nordatlantik, wo Sichtungen von Rochen, Walen und Delfinen zu beobachten sind. Währenddessen laufen die Vorbereitungen für die nächsten Messstationen, und die Besatzung findet gelegentlich Zeit, um Tischtennis zu spielen, während ein ursprünglich für eine Dokumentationsreihe angestelltes Fernsehteam das Schiff bereits verlassen hat.
Forschungszusammenhänge und Institutionelles Umfeld
Das Institut für Meereskunde (IfM) ist Teil des Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN), das im Juni 2011 gegründet wurde. Ziel dieses Zentrums ist es, die Forschung im Bereich Erdsystem und Nachhaltigkeit voranzutreiben und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu fördern. Das IfM engagiert sich aktiv an nationalen, europäischen und internationalen Forschungsprojekten und ist auch Teil des KlimaCampus Hamburg, der durch den DFG Exzellenz-Cluster „Integrated Climate System Analysis and Prediction“ (CliSAP) unterstützt wird. Die übergeordneten Forschungsthemen des IfM umfassen den Ozean im Klima, klimarelevante Prozesse im Ozean sowie die Dynamik und Ökologie von Schelfmeersystemen.
Mit innovativen Methoden und einem starken interdisziplinären Ansatz strebt das Team des IfM danach, das Verständnis der komplexen Wechselwirkungen innerhalb des Klimasystems und den Einfluss von Süßwasserflüssen auf die Weltmeere weiter zu vertiefen. Die Expedition unterstreicht nicht nur die Bedeutung des Salzgehalts für den Wasseraustausch, sondern auch die Notwendigkeit eines verstärkten globalen wissenschaftlichen Dialogs in Zeiten des Klimawandels.