
Am 4. Juni 2025 hat das Rektorat der Universität zu Köln einen entscheidenden Schritt unternommen, indem es die vorherige Distanzierung von der Verleihung der Ehrensenatorwürde an Dr. Hermann Pünder zurückgenommen hat. Diese Entscheidung folgt neuen Erkenntnissen, die in den letzten Wochen ans Licht kamen und Zweifel an der Einordnung von Pünders Handeln während der Zeit des Nationalsozialismus aufwarfen. Die Universität hoffe, damit einen bedeutenden Schritt in der Aufarbeitung ihrer Geschichte zu gehen.
Hermann Pünder, geboren 1888, war sowohl Jurist als auch Politiker, zunächst der Deutschen Zentrumspartei und später der CDU. Seine politische Karriere umfasste unter anderem das Amt des Oberbürgermeisters von Köln von 1945 bis 1948. Weitere Errungenschaften in seiner Laufbahn schließen eine Wahl in den nordrhein-westfälischen Landtag im Jahr 1947 und seine Mitgliedschaft im Bundestag sowie im Europäischen Parlament zwischen 1953 und 1957 ein. Diese Aspekte seines Lebens wurden bisher oft im Schatten seiner möglichen Verstrickungen in das NS-Regime betrachtet.
Neue Erkenntnisse zur Ehrensenatorwürde
Das Rektorat reagierte auf die Empfehlungen eines wissenschaftlichen Beirats, der anlässlich des hundertjährigen Bestehens der Universität im Jahr 2019 beauftragt wurde, die Geschichte der Hochschule eingehend zu untersuchen. Der Beirat hatte empfohlen, die Ehrensenatorwürde an Pünder sowie weitere Ehrungen aus der Zeit des Nationalsozialismus zu überprüfen und sich von ihnen zu distanzieren. Im Gutachten wurden spezifische Kriterien für die Bewertung von NS-Belastungen festgelegt, einschließlich der unrechtmäßigen Bereicherung durch „Arisierung“.
Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass Pünder in der Vergangenheit im Aufsichtsrat von zwei „arisierenden“ Unternehmen saß und zudem Aktien eines dieser Unternehmen erwarb. Neu aufgetauchte Dokumente deuten jedoch darauf hin, dass Pünder möglicherweise in gutem Glauben oder treuhänderisch für den jüdischen Eigentümer gehandelt hat. Gerichte hatten zudem die Angemessenheit des Kaufpreises für die Aktien bestätigt, was seiner Verteidigung neue Nahrung gibt. Angesichts dieser neuesten Entwicklungen beschloss das Rektorat am 21. Mai 2025, die Distanzierung von der Ehrensenatorwürde zurückzunehmen, und stellte fest, dass die Anschuldigungen nicht in der ursprünglichen Schwere begründet sind.
Historischer Kontext und zukünftige Perspektiven
Die Diskussion um Hermann Pünder ist besonders relevant im Kontext der Aufarbeitung der deutschen Geschichte und den immer noch bestehenden gesellschaftlichen Herausforderungen, die mit der NS-Zeit in Verbindung stehen. Pünder ist ein Beispiel für die komplexen moralischen Entscheidungen, vor denen viele Menschen in der Nachkriegszeit standen. Auch wenn die Rücknahme der Distanzierung von der Ehrensenatorwürde für einige ein Schritt nach vorne darstellt, bleibt die Frage offen, wie die Universität zu Köln ihre Geschichte weiterhin kritisch beleuchtet und aufarbeitet.
Die Universität befindet sich in einem ständigen Prozess des Lernens aus ihrer Vergangenheit. Während aktuelle und historische Kontexte intertwined sind, bleibt es wichtig, die richtigen Lehren aus der Geschichte zu ziehen, um eine wiederholte Verstrickung in ähnliche Konflikte zu vermeiden. Diese Entwicklung könnte somit als Gelegenheit angesehen werden, den Dialog über Verantwortung und Erbe innerhalb der Akademie und darüber hinaus fortzusetzen. Diese Themen sind entscheidend für die Zukunft der institutionellen Identität der Universität zu Köln und ihrer Rolle in der Gesellschaft.