
Ein internationales Forschungsteam hat eine bahnbrechende Studie zu Verhaltensunterschieden bei Vögeln veröffentlicht, die in der Fachzeitschrift PLoS Biology erscheint. Im Rahmen des unter der Leitung von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) stehenden ManyBirds-Projekts untersuchten 129 Wissenschaftler aus 77 Institutionen die Neophobie, also die Scheu vor Neuem, bei über 130 Vogelarten. Die Ergebnisse zeigen, wie Ernährungsweisen und Zugverhalten die Neophobie von Vögeln beeinflussen und dabei sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringen.
Die Studie belegt, dass Vögel unterschiedlich auf neue Situationen reagieren. Während Arten wie Meisen und Spatzen eine natürliche Neugier zeigen, fliehen andere Arten vor unbekannten Objekten. Die Forscher dokumentierten, dass Vögel mit spezialisierter Ernährung, wie z.B. Flamingos, eine höhere Neophobie aufweisen, wohingegen breiter ernährte Arten, wie Stare, wesentlich neugieriger sind und schneller neue Nahrungsquellen erkunden. Diese Ergebnisse sind besonders relevant für Naturschutzstrategien, zumal sich Lebensräume und Umgebungen kontinuierlich verändern.
Verhaltensforschung und Methodik
Das ManyBirds-Projekt wurde 2021 gegründet und zielt darauf ab, neue Erkenntnisse über das Verhalten und die Kognition von Vögeln zu gewinnen. Ein zentrales Merkmal des Projekts ist sein Open Science-Ansatz. Dieser fördert eine offene Zusammenarbeit über Länder und Institutionen hinweg, und legt Wert auf Transparenz und Reproduzierbarkeit. Das Team beobachtete die Vögel in Zoos, Laboren und in der freien Wildbahn in 24 Ländern auf sechs Kontinenten, wobei insgesamt 1.439 Vögel aus 136 Arten und 25 taxonomischen Ordnungen untersucht wurden. In Deutschland wurden unter anderem Vögel in Zoos in Detmold, Krefeld und Wuppertal analysiert.
Die Methode umfasste das Angebot von vertrautem Futter zusammen mit neuen Objekten. Die Zeit, die die Vögel benötigten, um das Futter zu berühren, wurde als Maß für ihre Neophobie angesehen. Dies zeigt, dass die Ernährungsspezialisierung und das Wanderverhalten maßgeblich zur Entwicklung von Neophobie beitragen. Wandervögel wie Kraniche müssen häufig mit neuen Gefahren umgehen, was evolutionär vorteilhaft sein könnte.
Einbindung in die Wissenschaftscommunity
Das ManyBirds-Projekt hat bereits mehrere wissenschaftliche Publikationen hervorgebracht und bemüht sich, die Repräsentation von Vogelarten und das internationale Forscherteam zu erweitern. Außerdem sicherte es sich eine Forschungsförderung von 15.000 £ zur Unterstützung dieser Initiativen. Die Erkenntnisse aus dieser Studie werden durch Präsentationen auf Konferenzen und Öffentlichkeitsarbeit verbreitet, um auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu sein.
Die interne Dynamik und die wissenschaftliche Methodologie zeigen, dass die Kognitionsforschung bei Vögeln bislang vor allem auf einige wenige Arten fokussiert war. Mit der ManyBirds-Initiative soll dieser Fokus nun auf oft ignorierte Gruppen erweitert werden und zur Verbesserung des Wissens über das Verhalten von Vögeln leisten. The Many Birds berichtet von kontinuierlichen Updates und Entwicklungen des Projekts, die auf sozialen Plattformen wie BlueSky verfolgt werden können.