
Bei Wahlen neigen viele Menschen dazu, ihre Wahrnehmung von Kandidaten durch die Ausgangssituation zu beeinflussen. Ein Kandidat, der während eines Wahlkampfs in Führung liegt, wird oft fälschlicherweise als Gewinner angesehen. Wenn dieser Kandidat später verliert, kommen schnell Verdächtigungen von Betrug auf. Diese Verzerrung ist besonders ausgeprägt bei den Anhängern des vermeintlichen Siegers. Der Cumulative Redundancy Bias (CRB) spielt hierbei eine entscheidende Rolle, der einen kognitiven Effekt beschreibt, der es Menschen erschwert, einmal verarbeitete Informationen zu ignorieren. Diese Erkenntnisse wurden von Dr. Moritz Ingendahl von der Ruhr-Universität Bochum erörtert und jüngst in der Fachzeitschrift Psychological Science veröffentlicht
(Ruhr-Universität Bochum).
Der CRB führt dazu, dass die anfänglichen positiven Bewertungen von führenden Politikern, Sportlern oder Geschäftsleuten oft nicht an deren tatsächliche Leistung angepasst werden. Dr. Ingendahl und sein Team fanden heraus, dass die Wahrnehmungen von Menschen stark durch bereits bekannte Informationen beeinflusst werden. Auch wenn eine Bewertung der Leistung nach dem Verhaltensverlauf angemessen wäre, bleibt der Einfluss früherer Eindrücke bestehen. Diese Verzerrung wird durch kumulative Beobachtungen verstärkt und erklärt, warum Führungspersönlichkeiten während eines Wettbewerbs in der Regel vorteilhafter beurteilt werden, unabhängig von deren späterem Erfolg oder Misserfolg.
Cognitive Bias in verschiedenen Kontexten
Die Forschung von Dr. Ingendahl bezieht sich nicht nur auf Wahlkämpfe, sondern untersucht auch das Phänomen in anderen Wettbewerben wie Sport und Wirtschaft. Die Ergebnisse legen nahe, dass der Cumulative Redundancy Bias ein robustes Phänomen ist, das durch einen additiven Effekt der kumulativen Redundanz erklärt wird. In vier Experimenten, die von verschiedenen Institutionen, darunter die Ruhr-Universität Bochum und die Universität Heidelberg, durchgeführt wurden, wurden die Mechanismen hinter diesem Bias näher beleuchtet. Dabei zeigte sich, dass Menschen ihre Eindrücke nicht stets aktualisieren, was zu anhaltenden Verzerrungen führt, die auch in der öffentlichen Wahrnehmung von Wahlen eine Rolle spielen.
Insgesamt bietet die Untersuchung wichtige Einsichten für die Kommunikation von Wahlergebnissen. Sie verdeutlicht, wie entscheidend es ist, kognitive Verzerrungen zu erkennen und anzusprechen, um Missverständnisse und falsche Beschuldigungen zu vermeiden. Dies könnte in künftigen Wahlkämpfen einen bedeutenden Unterschied zur Verbesserung der Transparenz und des Vertrauens in Wahlprozesse leisten. Die umfassende Analyse zur Rolle des CRB in Wettbewerben zeigt, dass die menschliche Wahrnehmung durch bereits bekannte Informationen gefiltert wird, oft ohne bewusste Einsicht in diese Wirkung.