
Waschbären, die ursprünglich in Nordamerika heimisch sind, haben sich seit ihrer Einführung in Deutschland zu einer problematischen invasiven Art entwickelt. Schätzungen zufolge leben zwischen 1,6 und 2 Millionen Waschbären in Deutschland, und ihre zunehmende Population stellt eine ernsthafte Bedrohung für heimische Arten dar. Besonders gefährdet sind Vögel, Amphibien und Fledermäuse, die unter dem Prädationsdruck durch diese Tiere leiden müssen. Die Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt haben in einem aktuellen Positionspapier wichtige Fehlinformationen über Waschbären aufgegriffen, um auf die Notwendigkeit effektiver Maßnahmen zur Kontrolle ihrer Population hinzuweisen. Laut puk.uni-frankfurt.de belasten Mythen wie die vermeintliche Einheimischkeit der Waschbären oder die Annahme, dass ihre Jagd ihre Vermehrung ankurble, die öffentliche Wahrnehmung und behindern dringend benötigte Schutzmaßnahmen.
Die Jagd auf Waschbären hat sich seit 2005 vervierfacht, und dennoch steigt die Population weiter. In Städten wie Kassel sind über 100 Waschbären pro 100 Hektar zu finden. Diese hohe Dichte geht nicht nur mit einem Anstieg der Waschbärenpopulation einher, sondern führt auch zu einem dramatischen Rückgang gefährdeter tierischer Mitbewohner. Waschbären sind beispielsweise dafür bekannt, ganze Gelege bedrohter Arten zu töten, was deren Fortpflanzungschancen stark beeinträchtigt. Wissenschaftler appellieren an die Politik, Bundesmittel für Managementpläne bereitzustellen, um ein nachhaltiges Populationsmanagement zu etablieren. Dazu gehört auch eine intensivere Bejagung der Waschbären in Schutzgebieten.
Manipulation der Wahrnehmung und notwendige Maßnahmen
Der positive Ruf der Waschbären in der Öffentlichkeit erschwert die Durchsetzung von kontrolldierenden Maßnahmen. Dieses Phänomen wird durch ein mangelndes Bewusstsein über die Auswirkungen der invasiven Arten verstärkt. Das Positionspapier fordert daher nicht nur eine intensivierte Bejagung, sondern auch eine faktenbasierte Aufklärung über die Bedrohungen, die von Waschbären ausgehen. Kastration gilt als rechtlich problematisch und praktisch kaum umsetzbar. Die Wissenschaftler plädieren dafür, den Dialog zwischen Jägern, Naturschützern und der Öffentlichkeit zu verbessern, um die Wahrnehmung über Waschbären zu ändern und effektive Maßnahmen einzuleiten.
Die Herausforderungen im Management dieser invasiven Art werden durch betriebliche Gegebenheiten verstärkt. Erfahrungen von Gebietsbetreuern zeigen den dringenden Bedarf an regional abgestimmten Managementplänen, da die aktuellen Maßnahmen, die seit 2014 in Kraft sind, nicht ausreichend aktualisiert wurden. Es wurden bereits technische Lösungen wie Überkletterschutzmanschetten für Horst- und Höhlenbäume sowie Einzäunungen für gefährdete Arten implementiert. Doch diese Maßnahmen sind oft mit hohen Kosten verbunden und erfordern ein kontinuierliches Management, um wirksam zu sein, wie zowiac.eu ergänzt.
Forschung und fehlende Anerkennung
Das Projekt ZOWIAC unter Leitung von Prof. Dr. Sven Klimpel zielt darauf ab, die Auswirkungen invasiver Waschbären auf bedrohte Amphibien- und Reptilienarten zu untersuchen. In ausgewählten Naturschutzgebieten in Hessen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt wurden alarmierende Ergebnisse beobachtet. Besonders betroffen sind Arten wie die Erdkröte, die Gelbbauchunke und die Äskulapnatter, die unter hohem Prädationsdruck leiden. Berichte belegen, dass Waschbären in einem Naturschutzgebiet in Osthessen in nur einer Stunde über 400 gehäutete Erdkröten hinterließen, was die Sorge um den Untergang dieser Arten verstärkt.
Die Kluft zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und öffentlicher Wahrnehmung ist offensichtlich. Private Jäger, die oft als Hauptakteure im Management invasiver Arten fungieren, kämpfen gegen fehlende gesellschaftliche Anerkennung und hohe persönliche Ausgaben. Die Herausforderungen, denen sie gegenüberstehen – von ehrenamtlichem Aufwand bis hin zu Kritik – reduzieren oft ihr Engagement für den Naturschutz. Die Dringlichkeit einer umfassenden Unterstützung durch die politischen Entscheidungsträger ist unerlässlich, um die gesetzlichen Vorgaben zur Bekämpfung invasiver Arten nachhaltig zu sichern. Ein Vorschlag für ein Prämienmodell oder gezielte Förderung könnte ein Anreiz sein, um die aktive Beteiligung zu gewährleisten, heißt es in aktuelles.uni-frankfurt.de.