
Die Gefahren des Weltraumschrotts werden zunehmend kritischer, insbesondere für die Funktionalität der internationalen Raumfahrt. Dabei stehen alte Satelliten und Trümmerteile im Fokus, die sowohl Kollisionsrisiken für aktive Raumfahrzeuge als auch für die Besatzung der Internationalen Raumstation (ISS) darstellen. Ein internationales Forschungsteam, das von der Universität Würzburg und der Technischen Universität Berlin koordiniert wird, arbeitet an einem vielversprechenden Projekt, um dieser Herausforderung zu begegnen. Unter dem Projektnamen „gEICko: GEcko based Innovative Capture Kit for uncooperative and unprepared Orbital assets“ wird ein Satellit entwickelt, der gezielt den Weltraumschrott beseitigen soll, wobei die Europäische Union im Rahmen des EIC Pathfinder eine Förderung von vier Millionen Euro bereitgestellt hat, von denen knapp 700.000 Euro für Würzburg vorgesehen sind.
Das Problem ist brisant: Es gibt über 50.000 Schrottobjekte mit einem Durchmesser von mindestens zehn Zentimetern, die im Erdorbit kursieren, und ihre Anzahl wächst kontinuierlich, u.a. aufgrund von Kollisionen und Explosionen. Um künftige Kollisionen zu vermeiden, musste die ISS bereits mehrfach Ausweichmanöver durchführen. Die vorliegende Technologie zielt darauf ab, durch ein neuartiges Docking-System effizient mit diesen unkooperativen Objekten zu interagieren, was bislang nicht gelungen ist. Die Komplexität dieser Operationen nimmt mit der Größe und der Umlaufbahn der Zielobjekte zu.
Innovative Lösungen durch Gecko-Technologie
Die Lösung, die das Forschungsteam anstrebt, basiert auf dem Hafteprinzip der Füße von Geckos. Diese Tiere nutzen Milliarden feiner Härchen, um an vertikalen und glatten Oberflächen haften zu bleiben. Für den Satelliten wurde ein Andocksystem mit speziellen Gecko-Materialien entworfen, die an der Kontaktfläche des Satelliten angebracht sind. Diese Materialien nutzen van-der-Waals-Kräfte, die eine Haftung auch ohne elektrische Ladung ermöglichen. Der Satellit, auch „Chaser“ genannt, dockt an den Zielobjekten an und kann deren Umlaufbahnen gezielt verändern, so dass sie dem Erdorbit entnommen werden können.
Zusätzlich wird geplant, dass der Gecko-Satellit auch in der Lage sein soll, funktionierende Satelliten zu erreichen, um Wartungsarbeiten durchzuführen. Dies könnte dazu beitragen, die Lebensdauer bestehender Technologien zu verlängern und gleichzeitig den Schrott im Weltall zu minimieren. Dabei kommen spezielle Seile und Bohreinrichtungen zum Einsatz, die von der Holzwespe inspiriert sind, um die Effizienz der Einsätze zu gewährleisten.
Die Rolle der CubeSats und Marktprognosen
Parallel zu diesen Entwicklungen zeigt die CubeSat-Industrie bemerkenswerte Wachstumsraten. Rund 200 neue Unternehmen wurden in den letzten fünf Jahren gegründet, und der europäische Markt für CubeSats wird bis 2033 auf 35,4 Milliarden USD wachsen, mit einer jährlichen Wachstumsrate von 12%. Die modularen Designs und die Integration neuer Technologien wie Quantensensoren und Hyperschallantriebe revolutionieren die Möglichkeiten in der Raumfahrt.
Die zunehmende Bedeutung von CubeSats zeigt sich in verschiedenen Trends, die die Raumfahrtindustrie ankurbeln. Die Diversifizierung der Anwendungen in Bereichen wie Energiemonitoring und Verteidigung wird durch EU-Förderprogramme und private Investitionen in Startups unterstützt. Die Entwicklungen in der CubeSat-Technologie könnten auch positive Auswirkungen auf Projekte wie das gEICko-Initiative haben, indem sie kostengünstige und innovative Ansätze fördern.
Prof. Dr. Enrico Stoll, ein führender Wissenschaftler des Projekts, arbeitet seit einem Jahrzehnt an dem Haftprinzip, das nun in dieser Technologie Anwendung findet. Das Ziel ist die Entwicklung eines funktionsfähigen Prototypen des Dockingmechanismus bis zum Ende der dreijährigen Förderperiode, mit einer optimistischen Prognose für den Einsatz der Gecko-Satelliten in etwa zehn Jahren.
Die Bemühungen um die Beseitigung des Weltraumschrotts sind nicht nur innovativ, sondern auch dringend erforderlich, um die Sicherheit der aktuellen und zukünftigen Raumfahrzeuge zu gewährleisten. Die Herausforderung bleibt groß, aber die Fortschritte, die durch Projekte wie „gEICko“ erzielt werden, könnten entscheidend für die Zukunft der Weltraumforschung sein.
Für weitere Informationen siehe Universität Würzburg, scinexx und editorialge.