
Am 27. Mai 2025 wurde eine bahnbrechende Studie von Prof. Dr. Martin Rolfs und seinem Forschungsteam am Exzellenzcluster Science of Intelligence der Technischen Universität Berlin veröffentlicht. Diese Untersuchung, die in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications erschienen ist, widmet sich der komplexen Beziehung zwischen Körperbewegungen, insbesondere Sakkaden, und der visuellen Wahrnehmung.
Die Forschung zeigt, dass visuelle Reize unsichtbar werden können, wenn sie sich mit Geschwindigkeiten, Dauer und Entfernungen bewegen, die den typischen Sakkaden des Menschen entsprechen. Sakkaden sind schnelle, ruckartige Rückbewegungen der Augen, die in der Regel zwei- bis dreimal pro Sekunde stattfinden. Interessanterweise nehmen Menschen die damit verbundenen visuellen Verschiebungen nicht wahr, was die Mechanismen der Wahrnehmung und des Sehens besonders komplex macht.
Mechanismen der visuellen Wahrnehmung
Laut der Studie könnte die Geschwindigkeit der Sakkaden die Geschwindigkeitsgrenze des Sehvermögens vorhersagen. Menschen, die schnellere Sakkaden ausführen, können Objekte sehen, die sich schneller bewegen. Dies könnte insbesondere für Sportlerinnen und Sportler, wie Baseballspieler oder Spieler von Action-Videospielen, zutreffen, die mit erhöhten Bewegungen in ihrem Sichtfeld umgehen müssen.
Die Sakkaden erzeugen zudem spezifische Bewegungsmuster auf der Netzhaut, die im Unterbewusstsein des Betrachters ablaufen. Prof. Rolfs betont die Notwendigkeit einer interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen der Motorik- und der Wahrnehmungsforschung, um diese Phänomene besser zu verstehen. Die Ergebnisse der Untersuchung legen nahe, dass das visuelle System Bewegungen, die den eigenen Augenbewegungen ähneln, filtert und als nicht relevant einstuft, was die visuelle Unschärfe während der Augenbewegungen erklärt.
Das Phänomen der Sakkaden
Um Sakkaden genauer zu definieren, handelt es sich um ruckartige Bewegungen der Augen, die auftreten, wenn das Auge von einem fixierten Objekt zu einem anderen wechselt. Dies geschieht beispielsweise im Alltag, wenn man beim Zugfahren ein vorbeifahrendes Haus fixiert und die Augen in Fahrtrichtung schnellen, um einen neuen Sichtpunkt zu erfassen. Diese Bewegungen sind sowohl für die Augenbewegungen als auch für das periphere Nervensystem zentral.
Während einer Sakkade ist die visuelle Wahrnehmung stark eingeschränkt, was bedeutet, dass Menschen in diesem Moment nur begrenzt Informationen aufnehmen können. Klinische Prüfungen von Sakkaden beinhalten das gezielte Fixieren von Objekten in Abständen, wobei Geschwindigkeit und Zielgenauigkeit der Blickbewegungen beurteilt werden.
Pathologische Sakkaden können in verschiedene Kategorien eingeteilt werden, darunter verlangsamte und hypometrische Sakkaden, die häufig bei neurodegenerativen Erkrankungen auftreten. Hypermetrische Sakkaden hingegen, die bei Kleinhirnläsionen auftreten, sind ebenfalls ein wichtiges Untersuchungsfeld in der neurologischen Diagnostik.
Die Forschung von Prof. Rolfs und seinem Team eröffnet nicht nur neue Perspektiven für die Wahrnehmungspsychologie, sondern auch für klinische Anwendungen in der Diagnostik von Seh- und Bewegungsstörungen. Insgesamt verdeutlicht die Studie, wie wichtig es ist, die Mechanismen des Sehens und der Körperwahrnehmung im Zusammenhang zu betrachten, um ein umfassenderes Verständnis der menschlichen Wahrnehmung zu erlangen.