Allgemein

Wolf oder Mensch? Neue Einsichten zur Koexistenz in der Schweiz!

Verena Schröder hat jüngst für ihre Dissertation „Mensch-Wolf-Beziehungen in der alpinen Kulturlandschaft. Transaktionen, Intraaktionen und Resonanzen: Eine mehr-als-menschliche Geographie des Verbundenseins“ den VGDH-Preis 2025 erhalten. Die herausragende Arbeit wurde in der Arbeitsgruppe Humangeographie an der KU verfasst. Die Dissertation wurde mit der Höchstnote summa cum laude bewertet und zeigt auf, wie die Rückkehr der Wölfe in die Schweiz neue Perspektiven auf die Koexistenz von Mensch und Tier eröffnet.

Schröder, die von 2017 bis 2024 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der KU tätig war, arbeitet derzeit in der Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsforschung der Universität Innsbruck. Ihre Forschungsrichtung thematisiert die wechselseitige Beziehung zwischen Menschen und Wölfen und fokussiert insbesondere die emotionalen Erfahrungen, die in den Debatten um die Rückkehr der Wölfe eine bedeutende Rolle spielen. „Die emotionalen Erfahrungen sind entscheidend für das Verständnis der gesellschaftlichen Umweltkonflikte“, erklärt Schröder. Ihre Dissertation regt dazu an, das Verhältnis zwischen Menschen und Wölfen sowie anderen Lebewesen neu zu denken.

Neue methodische Ansätze

In ihrer Dissertation hat Schröder innovative Methoden angewandt, die aus einer anthropozentrismus-kritischen Perspektive entwickelt wurden. Dazu zählen unter anderem Go-Alongs, tierzentrierte Geschichtenerzählung sowie multisensorische und visuelle Methoden. Ein zentrales Element ist die Entwicklung eines kollaborativen Comics. Dieser Comic, der in einer Ausstellung als multisensorisches Erlebnis mit Klanguntermalung präsentiert wurde, visiert an, mehr-als-menschliche Narrative emotional erfahrbar zu machen. Der Comic trägt dazu bei, eine breitere Leserschaft anzusprechen und die Sichtbarkeit der wissenschaftlichen Ergebnisse zu erhöhen, wobei er als Werkzeug für die Wissenschaftskommunikation fungiert.

Feldforschungen wurden im Schweizer Calanda-Gebiet durchgeführt, wo seit 2012 ein Wolfsrudel lebt. Während ihrer Aufenthalte in Hütten beobachtete Schröder die Wechselbeziehungen zwischen Menschen, Wölfen und anderen Tieren. Diese observationalen Studien sind Teil ihres Ansatzes, die gesellschaftlichen Resonanzen und die emotionalen Reaktionen auf die Anwesenheit von Wölfen zu erfassen. „Koexistenz sollte vor allem als leibliche Praxis verstanden werden“, so die Dissertation.

Forschungsprojekte und Zukunftsvisionen

Das von Schröder geleitete Projekt zur Rückkehr der Wölfe in die Kulturlandschaft wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Es untersucht nicht nur die Akzeptanz der Wölfe, sondern hinterfragt auch die Grenzziehungen in der Wolfsdebatte. Schröder betont, dass die bisherigen Diskussionen häufig das Wohl von Nutztieren in den Vordergrund stellen und damit den Blick auf die komplexen Wechselwirkungen zwischen Mensch und Tier verengen.

Zur theoretischen Grundlage ihrer Arbeit zählt der klassische Pragmatismus von John Dewey sowie der agential realism von Karen Barad und die Resonanztheorie von Hartmut Rosa. Diese Theorieansätze bieten einen nichtdualistischen Rahmen, der die Verflechtungen zwischen Menschen, Tieren und deren materiellen Umfeldern in den Fokus rückt.

Schröder entwickelt mit ihrer Dissertation und den begleitenden Projekten ein Fundament für eine Koexistenz, die auf Verbindung statt Kontrolle beruht. Ihre Arbeit zielt darauf ab, ein Verständnis für die Unbestimmtheit der Wölfe zu fördern und neue Formen von Lebendigkeit und Selbstwirksamkeit zu schaffen. Das Buch zur Dissertation ist im transcript-Verlag erschienen und steht als Open Access zur Verfügung, um möglichst viele Leser:innen zu erreichen und die Diskussion über Mensch-Wolf-Beziehungen weiter voranzutreiben.

Statistische Auswertung

Beste Referenz
ku.de
Weitere Infos
gepris.dfg.de
Mehr dazu
fordoc.ku.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert